Wildschweine erschnüffeln Neviges
In Langenberg haben Jäger bereits mehrere Säue geschossen. Das Schwarzwild ist scharf auf den hiesigen Mais.
Neviges. Was der Comic-Figur Obelix ordentlich Appetit machen dürfte, lässt den Bauern in der Region graue Haare wachsen: Die Wildschweine sind auf dem Vormarsch und haben inzwischen auch das Gebiet des Hegerings Neviges erreicht. „Wildschweine sind hier in Neviges absolut neu“, weiß Lothar Tergann, der seit 20 Jahren den Hegering Neviges leitet. Die Jäger der Region haben schon einige Wildsäue gesichtet und sind sich sicher: Bald werden diese hier geschossen werden müssen.
Für diese Erkenntnis reicht der Blick nach Langenberg, wo das Schwarzwild sich bereits ausgebreitet hat. „Dort wurden schon mehrere geschossen“, sagt Tergann. Mindestens sechs Stück in jüngster Zeit.
Streift die Sau erst einmal durch den Wald, geht die Ausbreitung schnell. Tergann erklärt: „Wildschweine haben eine Reproduktionsrate von 300 Prozent pro Tier.“ Viele seien aus Richtung Osten nach Nordrhein-Westfalen eingewandert.
Doch warum kommen die borstigen Besucher gerade jetzt? Hauptgrund sind wohl die milden Winter und der vermehrte Anbau von Mais. Diese Felder bieten Nahrungsquelle, Deckung und oftmals auch einen Platz zum Suhlen. „Die fühlen sich im Maisfeld wie Gott in Frankreich“, sagt Tergann.
Der Schaden für die Landwirte ist aber immens. Eine große Rotte könne in einem Mais- oder Rapsfeld durchaus einen Schaden in Höhe von 20 000 Euro anrichten, schätzt der Hegering-Chef. Unter den 70 bis 80 Mitgliedern in Neviges sind viele Pächter, an denen der finanzielle Schaden hängenbleiben würde. Daher erhöht sich der Handlungsdruck bei den Jägern.
Lothar Tergann, Hegering Neviges
Doch die Wildschweinjagd ist nicht ganz leicht. „Diese Tiere sind sehr clever“, weiß der stellvertretende Hegeringleiter Ulrich Hüschemenger. Die nachtaktiven Paarhufer seien sehr vorsichtig und ließen sich dort nicht mehr blicken, wo sie einmal schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Außerdem spielt die Natur ihnen in die Karten. Nachdem der Orkan Kyrill 2007 Deutschlands Wäldern unzählige Bäume gekostet hat, sind inzwischen an vielen Stellen dort Büsche nachgewachsen, wo einst meterhohe Stämme in den Himmel ragten. Für Wildschweine eine deutlich günstigere Situation für das Versteckspiel mit den Jägern. Auch Lothar Tergann weiß, wie lernfähig die Allesfresser sind. „Gefahrenstellen sprechen sich regelrecht rum bei denen“, sagt er.
Daher meiden Rotten in der Regel auch gefährliche Straßen und Autobahnen. Dass das nicht immer klappt, zeigte ein jüngerer Vorfall in Aprath. „Da lagen gleich fünf Stück tot auf der Straße“, berichtet der Jäger. Doch in der Regel bieten die Autobahnen, die Neviges einrahmen einen künstlichen Schutz vor den ungebetenen Gästen. Tergann ist sich sicher, dass ohne A46 und A535 bereits deutlich mehr Tiere in Neviges angekommen wären. „In Wuppertal-Ronsdorf etwa sind Wildschweine eine regelrechte Landplage“, berichtet er.
Vor ihrem kräftigen Gebiss sollten Menschen Respekt haben. Normalerweise greifen Wildschweine nicht an, sind sie jedoch verletzt oder stellt sich ein potenzieller Feind zwischen eine Bache und ihre Frischlinge, können sie gefährlich werden.
Auch bei Dämmerung und in der Nacht ist im Wald Vorsicht geboten. Dann rechnen die Tiere nicht mehr mit Besuchern und können sich erschrecken. Ein ausgewachsener Keiler kann rund 100 Kilo auf die Waage bringen — da unterliegen im Zweifel Mensch und Hund.