„Fasten meint nicht Verzicht“
Zwei katholische Geistliche sind sich einig: Die 40 Tage vor Ostern sollen vor allem durch Nachdenken gezeichnet sein.
Ratingen. Mit der Beerdigung des Hoppeditz’ gestern ist die Fastenzeit angebrochen, jene 40 Tage vor Ostern, die sich im christlichen Glauben durch Zurückhaltung und Besinnung auszeichnen. "Das hat aber nicht unbedingt etwas mit Verzicht zu tun, der schwer fällt", sagt Reiner Nieswand, katholischer Pfarrer in St. Anna und St. Johannes.
Weil er auch in der Suchtkrankenhilfe einer psychiatrischen Klinik in Köln arbeitet, ruft er dazu auf, die Fastenzeit zum Anlass zu nehmen, in besonderer Weise über sich nachzudenken. "Fasten bedeutet einen liebevollen Umgang mit sich selbst. Man könnte sich in der Fastenzeit entschließen, Dinge sein zu lassen, die einem schaden. Das können Genuss- und Suchtmittel sein." Das Weglassen von Schädlichem - etwa eines übermäßigen Konsums von Schokolade oder Alkohol - führe seiner Erfahrung nach dazu, dass man selbst mehr Lebensqualität und innere Freiheit gewinne - und Fasten dadurch nicht als Verzicht, sondern als Gewinn empfinde.
Auch der Pfarrer der katholischen Gemeinde Heilig Geist, Ludwin Seiwert, schlägt für die Zeit des Fastens weniger Zurückhaltung beim Essen und Trinken denn Besinnlichkeit vor.
"Es gibt Leute, bei denen Verzicht beim Essen und Trinken angebracht ist. Aber ich verstehe den Sinn des Fastens vor allem darin, darüber nachzudenken, wie man lebt, wie man leben will, wie das eigene Verhältnis zu Menschen und zu Gott ist." Etwas zur Ruhe kommen, die Gedanken auf sich wirken lassen und vielleicht den einen oder anderen Entschluss daraus ableiten - darum gehe es. Das, so der Geistliche, solle der Mensch an sich zwar ständig tun und nicht nur in den 40 Tagen vor der Auferstehung Christi.
Aber: "Fasten vor Ostern ist wie die Vorbereitung auf ein wichtiges Fußballspiel: Eigentlich sollte sich der Spieler permanent im Training bleiben. Aber das schafft er nicht und begrenzt den Zeitraum deshalb, in dem er intensiv trainiert."