Graffiti — entweder Kunst oder Ärgernis
Teilnehmer des Kulturrucksack-Workshops haben ein Wartehäuschen verschönert. In Neviges sind wilde Sprühereien ein Ärgernis.
Neviges/Velbert. Ist das Kunst, oder kann das weg? Bei Graffiti stellt sich diese Frage immer wieder. Eine Antwort gab gestern ein Werk von vier Teilnehmern des Kulturrucksack-Workshops „Graffiti für Fortgeschrittene“. Die Nachwuchskünstler im Alter von zehn bis 14 Jahren hatten unter Anleitung von David Augustyniak vom Graffitiduo Artletics die Bushaltestelle an der Weisenbornstraße in Velbert-Mitte zu einem Kunstwerk gemacht. Bereits in der vergangenen Woche wurde ein Wartehäuschen in Velbert-Langenhorst legal verschönert. Die Technischen Betriebe Velbert (TBV) hatten die Flächen zur Verfügung gestellt.
„Das ist ein Pilotprojekt. Wir suchen noch weitere Flächen, die verschönert werden können“, sagte Kulturdezernent Gerno Böll. Er verwies dabei auf Wuppertal. „An der Nordbahntrasse ist das sehr gut gelungen, dort ist wahre Kunst zu sehen.“ In Neviges hat die Stadt schon einmal die Skateranlage im Siepen als möglichen weiteren Einsatzort ins Auge gefasst, wie Sprecher Hans-Joachim Blißenbach gestern verriet.
Ein Vorteil der künstlerischen Graffiti-Gestaltung sei neben der Beseitigung von Schmierereien auch, dass diese Flächen laut Kulturdezernent respektiert werden — und eben nicht übersprüht. Nach der Sommerpause wird Velbert einen Förderpreis Graffiti ausschreiben. Ende 2018 soll dieser dann an die besten Künstler vergeben werden, kündigte Gerno Böll an.
Das Thema Graffiti beschäftigt auch Helmut Wulfhorst, Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins 50 Nevigeser und zweiter Vorsitzender der Werbegemeinschaft Neviges (WGN), seit Jahren. Er hat eine klare Meinung zu diesem Thema. „Im Zentrum mit dem historischen Ortskern haben Graffiti nichts zu suchen, nur in der Präriferie und nur, wenn sie künstlerisch wertvoll sind“, sagte er im Gespräch mit der WZ. Und daran haben die 50 Nevigeser bereits mehrfach gearbeitet und einige Wände überstrichen.
„Im vergangenen Jahr haben wir zum Beispiel eine lange Mauer an der Lohbachstraße hergerichtet“, so Helmut Wulfhorst weiter. Das koste aber „ein Schweinegeld“, wenn die Farben haltbar sein sollen. So habe nach Angaben des Vorsitzenden der 50 Nevigeser alleine die aufgebrachte Farbe rund 700 Euro gekostet. Zudem kamen noch Arbeiten wie Abspachteln, und die Entfernung von Moos und Unkraut hinzu.
Ein besonderer Dorn im Auge ist Wulfhorst eine Mauer in der Nähe des Schlosses Hardenberg, die den TBV gehört. „Wir haben im vergangenen Jahr angefragt, ob wir die Schmierereien überstreichen dürfen. Die Antwort war nein, weil die Farben in zehn Jahren verblassen könnten. Das ist unglaublich.“ Der Eigentümer muss bei solchen Verschönerungsaktionen seine Zustimmung geben, was in diesem Fall nach Angaben von Wulfhorst nicht passiert ist. „Die TBV hat Glück gehabt, dass ich im vergangenen Jahr so wenig Zeit hatte, sonst hätte ich sie dafür an den Pranger gestellt.“
Das sieht die TBV freilich ganz anders. Geschäftsbereichsleiter Bernd Wieneck: „Wir hatten im vergangenen Jahr tatsächlich ein Angebot von Herrn Wulfhorst, die Wand zu streichen, aber das klang eher nach Heimarbeit.“ Danach sei noch ein weiterer Vorschlag mit Motiven eingereicht worden. „Ich kann mich nicht mehr genau an diese erinnern, aber unsere Meinung war, dass sie nicht passen“, sagte der Geschäftsbereichsleiter. Die TBV hatten nach Angaben von Bernd Wieneck außerdem erwartet, dass eine Fachfirma mit dieser Aufgabe betraut wird. „Die Betonmauer muss grundiert werden, sonst blättert die Farbe beim ersten Frost ab“, begründete Bernd Wieneck die damalige Ablehnung. Im Prinzip seien die TBV allerdings an einem solchen Vorschlag auf jeden Fall interessiert, „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“.