Hübsch, hell und doch etwas fremd

Neun Jahre Planung, zweieinhalb Jahre Bauzeit — endlich sind die Arbeiten an der Stadtkirche beendet.

Hübsch, hell und doch etwas fremd
Foto: Simone Bahrmann

Neviges. Bei Küsterin Birgit Dywicki ist es seit Kurzem plötzlich heller in der Wohnung. So sehr strahlt die neue Stadtkirche, wenn die Sonne auf die helle Fassade fällt. Die Anwohner strahlen gleich mit, denn endlich sind nach mehr als zweieinhalb Jahren Dreck und Lärm an der Baustelle alle Arbeiten restlos abgeschlossen.

„Der ganze Platz ist freundlicher geworden“, sagt Christiane Helmes, Finanzkirchmeisterin der evangelischen Gemeinde. Inzwischen wirkt sie zufrieden, gibt aber zu: „Am Anfang war ich etwas enttäuscht, weil der Stil der Kirche nun doch ein anderer ist.“ So ging es Vielen in der Gemeinde, die die alte Optik mit den freiliegenden Steinen vermissen. „Das ist nicht mehr meine Kirche“, haben sogar einige Nevigeser geäußert, berichtet die Küsterin. Doch Baukirchmeister Olaf Braß hatte gar keine andere Wahl, als der Stadtkirche ein — aus heutiger Sicht — neues Gewand zu verleihen. Der Denkmalschutz ist der Grund. „Die Steine hat man irgendwann ab 1950 freigelegt. Ursprünglich war das aber nicht so“, weiß Braß. Optionen waren daher nur historisch belegte Urzustände. „Wir hätten die Kirche auch Weiß streichen dürfen. So war sie in der Barockzeit“, sagt der Baukirchmeister.

Übers Knie gebrochen hatte die Gemeinde die Sanierung nicht. Braß: „Wir haben neun Jahre daran geplant.“ Das zuletzt kalkulierte Budget von 1,3 Millionen Euro sei ausgeschöpft, jedoch nicht überschritten worden. Die 100 000 Euro an erwarteten Spendengeldern aus der Gemeinde kamen nicht ganz zusammen. Dafür stammen bekanntlich rund 300 000 Euro aus öffentlichen Fördermitteln. „Ohne die wäre es nicht gegangen“, so Braß. Während der Sanierung stellte sich plötzlich heraus, dass auch die Fenster einer dringenden Erneuerung bedurften. Das verzögerte die Arbeiten und erhöhte die Investitionen. Neues Glas befindet sich nicht in den Fenstern, obwohl das einige denken, so Braß. Saniert wurde lediglich das Gestein, das die großen Kirchenfenster in der Fassung hält. Weil während der Arbeiten Staub und Dreck in der Kirche nicht ausblieben, musste die Orgel eingehaust werden. Die Gemeinde behalf sich mit einem E-Piano und erlebte einige ziemlich staubige Gottesdienste.

Jetzt kommt die Belohnung für die Monate der Geduld: Am Sonntag, 6. November, steht das erste Orgelkonzert nach der Sanierung an. Titel: „Von Bach bis Pop“. Die frisch gestimmte Orgel ertönt auch am dritten Adventswochenende wieder, wenn die Gemeinde mit einer Dank-Andacht die Sanierungsarbeiten endgültig zu den Akten legt.