Inklusion: „Befürchtungen werden wahr“
Inklusion in Wülfrather Schulen ist in Gefahr. Unklar ist, wer künftig Helfer bezahlt.
Wülfrath. Frieder Winterberg schlägt Alarm. Der Schulleiter der Theodor-Heuss-Realschule schildert im Schulausschuss eindringlich, welche Bedeutung schulische Inklusionshelfer haben. Bleiben diese in Zukunft aus, sieht er das ganze System in Gefahr. „Wir werden von der Politik hinters Licht geführt“, sagt er und kritisiert die Politik in Bund und Land.
An der Realschule und an der Grundschule Ellenbeek werden im gemeinsamen Unterricht — die Beschulung von behinderten und nicht behinderten Kindern — seit mehreren Jahren sogenannte Integrationshelfer eingesetzt, die aus den Teilnehmern des Freiwilligen Sozialen Jahres und dem Bundesfreiwilligendienst gewonnen werden. Sie unterstützen die Lehrer in den Klassen, in denen inklusiv unterrichtet wird. Bisher trägt der Kreis Mettmann die Kosten.
Ab dem kommenden Schuljahr nicht mehr. Wie Fachbereichsleiter Hans-Werner van Hueth berichtet, hat der Kreis wegen einer Kostenexplosion im Bereich der Integrationshilfe die bestehenden Vereinbarungen gekündigt. „Der Kreis verweist darauf, dass Personal an Schule nicht Sache von Kreis oder Kommune ist, sondern das Land die Kosten tragen müsste“, sagt van Hueth.
Fällt die Unterstützung weg, müsste die Stadt Kosten in Höhe von etwa 36 000 Euro pro Schuljahr tragen. Geld, das Wülfrath nicht hat. Die Schulen jedoch pochen auf die Unterstützung „für die Schüler und auch für die oft bis an die Grenzen belasteten Lehrer“.
In der Sitzung erinnert Winterberg an die Bedenken, die er und seine Kollegen gegen die Einführung von inklusiven Klassen hatten. „Und jetzt bewahrheiten sich die Befürchtungen“, so Winterberg. Mit drastischen Worten schilderte er den Alltag, den Lehrer ohne Helfer nicht bewältigen können. Da muss der Schulleiter persönlich einen Schüler waschen und anziehen, weil es sonst an Personal und Aufsicht mangele. „Lehrer können ihre integrative Klasse nicht allein lassen. Wer übernimmt dann die anderen anfallenden Tätigkeiten?“, fragt Winterberg.
Frieder Winterberg hat der Landespolitik geschrieben, dem Bund und der Bezirksregierung — dort sieht er die Verantwortlichen, „die irgendwelche Gesetze zimmern, dann aber die Verantwortung von sich schieben“. So könne man nicht den behinderten Kindern gerecht werden, auch nicht den Nicht-Behinderten. „Alle leiden. Und die Kollegen gehen kaputt. Ich habe auch denen gegenüber eine Fürsorgepflicht.“ Van Hueth bringt es auf eine kurze Formel: „Das Land lässt uns im Stich.“ Dunja Baumhardt (CDU) kommentiert knapp: „Es ist eine bodenlose Frechheit.“ Gemeinsame Protestaktionen könnten jetzt folgen — vielleicht über die Stadtgrenzen hinweg.