Mein Ratingen: „Ich bin lieber inHomberg“

Die Künstlerin Gerda Lomoth hat in Ratingen ihre Heimat und das Leben gefunden, das sie wirklich leben will.

Homberg. Gerda Lomoth liebt es, in Ratinger Straßencafés zu sitzen, dabei ein Pralinen-Eis zu genießen ("Wenn nur die Sache mit dem Hüftgold nicht wäre"), Menschen zu beobachten und ausdrucksstarke Gesichter zu fotografieren. Eine Kamera hat sie immer in der Tasche. Dabei kommt ihr die offene, lebensfrohe Ausstrahlung zu gute. "Mir hat noch niemand einen Fotowunsch abgeschlagen", sagt sie.

Nein, wie eine Dame im fortgeschrittenen Alter von 64 Jahren kommt sie nicht daher. Ihr Mann, der Ratinger SPD-Politiker Erich Lomoth (74) trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er kurz und prägnant sagt: "Meine Frau ist schon sehr vielseitig." Und damit spricht er ihre zahlreichen Ehrenämter in kirchlichen und caritativen Einrichtungen an, ihr Wirken als Malerin und Fotografin.

Zumindest in Homberg , wo Gerda Lomoth seit 20 Jahren lebt, kennt sie inzwischen jeder. Sie hat 20 Ausstellungen gehabt. Dabei kam es ihr nie auf den materiellen Ertrag an. "Ich habe bewusst nur ganz wenige Bilder verkauft, viele habe ich an gute Freunde verschenkt oder für einen guten Zweck zur Verfügung gestellt", sagt Gerda Lomoth.

Bekannt wurde sie durch die gemeindebezogene Karikatur "Die Homberger Wiesnasen", gemalt im Sinne der Ökumene. Ein Bild, das heute jedes Kind als Wahrzeichen Hombergs kennt.

Besonders in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geriet die 64-Jährige vergangenes Jahr, als sie das Projekt des SkF "Seitenwechsel" fotografisch begleitete und eine Ausstellung mit 600 Fotos präsentierte. In starre Formen lässt sie sich jedoch nicht pressen. Das wurde bei so manchen ihrer Bilder deutlich.

Da gibt es zwei wunderschöne Aktbilder von rauchenden Frauen. Die wurden von den lokalen Jurys zunächst als hervorragende Kunstwerke gewürdigt, eines sollte sogar im Foyer eines Altenheimes hängen. "Doch dann wurde den Herren die Sache zu heiß. Meine Bilder wurden dann in der Besenkammer versteckt, wie ich später erfahren musste", erinnert sich Lomoth.

Aufgewachsen ist die in Hilden geborene Gerda Lomoth in Düsseldorf-Reisholz in einer bürgerlichen, gestrengen Familie. Dort erlebte sie, dass die gute deutsche Hausfrau traditionell das Heimchen am Herd zu sein hat. Das prägte ihr Leben. Sie machte eine Ausbildung als Großhandelskauffrau, obwohl sie viel lieber Modezeichnerin geworden wäre, heiratete, bekam zwei Kinder und diente der Familie. 20 Jahre hielt sie das aus, ehe sie sich scheiden ließ und dem Leben ganz andere, neue Seiten abgewann.

Vor genau 20 Jahren lernte sie Erich Lomoth auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin kennen. Seit 17 Jahren sind die beiden verheiratet. "Nach all den stressigen Jahren im Beruf bin ich froh, dass mein Mann und ich nie aufgehört haben, ehrenamtlich tätig zu sein. Deshalb ist das Wort Langeweile auch aus unserem Wortschatz gestrichen", sagt die 64-Jährige, die auch im ganz Persönlichen etwas anders ist als viele ihrer Altersgenossinnen. So hasst sie konventionelle Kleidung, läuft am liebsten in knallengen, verschlissenen Jeans, auch mit Löchern, herum, liebt ausgefallene Farben und ist auch ein wenig eitel, will auch äußerlich immer eine gute Figur machen.

Ihr Mann war das genaue Gegenteil. Stets ging der EDV-Fachmann in Ruhestand korrekt gekleidet im Anzug mit akkurat gescheitelter Kurzhaar-Frisur durchs Leben.

Längst nicht mehr sieht Erich Lomoth alles so eng. Immerhin hat seine Frau es geschafft, dass die Haare länger wurden, fast schon eine Künstlerfrisur. "Aber zum Bart habe ich ihn noch nicht überreden können", sagt Gerda Lomoth, die übrigens so gut wie nie verreist. Da entspannt sie sich lieber bei Malerei in ihrem Atelier im Haus und widmet sich ihrer jüngsten Leidenschaft, dem Schreiben von Kurzgeschichten, Satiren und Limericks. Öffentliche Lesungen sind geplant.

"Nein, zum Verreisen haben ich gar keine Zeit. Da bin ich lieber in Ratingen und besonders gern hier in Homberg", sagt Gerda Lomoth in ihrem Atelier und ist gespannt, was das Leben noch an Überraschungen für sie bereit hält. Eines wäre ihr ganz wichtig: "Das evangelische Gemeindeleben muss für jung und alt wiederbelebt werden. Das darf nicht kaputtgehen."