In Wülfrath wird Mundart gesprochen Hier wird noch wie zu Großmutters Zeiten gekallt

Wülfrath · Regelmäßig trifft sich eine Mundart-Truppe im Museum.

Platt kallen im Niederbergischen Museum: Willi Münch erzählt bei dem Treff eine Geschichte in Mundart.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Wenn Willi Münch loslegt mit dem „Gedicht von der kranken Kalina“, dann verstehen Außenstehende kaum ein Wort. Gut, „Lev Lüt“ und „wat machse fürn jedöns?“- das ist ja noch irgendwie verständlich, aber der Rest, vorgetragen im tiefsten berjischen Platt, klingt wie Fachchinesisch aus einem ziemlich fernen Land. Scheinbar hat das Gedicht an seinem Ende die Pointe, die rund 25 anwesenden älteren Damen und Herrn lachen laut los, klatschen Beifall. Sie alle sind mehr oder weniger der bergischen Mundart mächtig und wollen an diesem Tag mal wieder, bei einer guten Tasse Kaffee, gemeinsam das Wörterbuch rund um das Wülfrather Platt weiter vervollständigen.

Viele verbinden mit dem Dialekt Erinnerungen aus der Kindheit

„Verstehen ist überhaupt kein Problem für mich“, erklärt Anne Thelen und rührt in ihrem Kaffee, „sprechen ist etwas schwerer.“ Wolfgang Schönherr nickt. „Für mich ist diese besondere Sprache schlicht Kindheit. Meine Oma sprach nur so, da kommen viele Erinnerungen hoch.“

Rolf Julius leitet den Arbeitskreis, es ist das bereits dritte Treffen in diesem Jahr im gemütlichen Kaminzimmer des Niederbergischen Museums. „So Ihr live lev Lüt“, (oder so ähnlich), ruft der Senior in die Runde, in der bereits heftigst diskutiert wird. „Ich habe hier eine Liste mit Ausdrücken des Mettmanner Platt, die wollen wir ins Wülfrather Platt übersetzen. Was ist mit töttern?“

Alles redet aufgeregt durcheinander: Ja, Töttern für Plaudern, das sei schon in Wülfrath auch so, sagt einer, ein anderer gibt zu bedenken, dass es aber auch kallen heißen könne oder vielleicht fispern? Lange wird diskutiert, dann steht fest, was das Wörterbuch, das irgendwann aus diesen Treffen heraus entstehen und veröffentlicht werden soll, ausspucken wird: Kallen sagt man bei wichtigen Themen, Töttern bei oberflächlichem Geplänkel und Fispern bedeutet Flüstern.

Eberhard Tiso vom Trägerverein des Niederbergischen Museums Wülfrath sitzt lächelnd dabei. „Ich finde es einfach sehr berührend, mit welcher Leidenschaft und Engagement diese älteren Damen und Herren sich hier einbringen“, erklärt er sichtlich beeindruckt. Wenige Minuten später ist auch er um manche Erkenntnis reicher: „alter Mann“, das heißt auf platt „olle Kehl“ - „oder auch olle Buddels“, ergänzt Anne Thelen augenzwinkernd, „das bedeutet alter Sack. Buddels kommt von Beutel und Beutel erinnert an Sack.“

Letztlich wird eins klar: Zwar unterscheiden sich die „berjischen „Dialekte (etwa Velbert, Mettmann oder Wülfrath) immer ein wenig, die Verständlichkeit untereinander aber ist gegeben. Kartoffel etwa heißt im Mettmanner Platt „Ärpel“, im Wülfrather „Ärperl“, oder „Genau“ heißt „akrad“ (in Mettmann) und „akurad“ (in Wülfrath).

„Das Tolle am Platt ist ja, dass, wenn man schimpft, es sich einfach nicht so böse anhört, eher doch liebevoll“, findet Anne Thelen. Sitznachbar Hugo Weigl lacht. „Man sagt ja auch: „Sach et doch op Platt, dann klengt es nitt su-e hatt.“