Ratingen: 35 Schüler in einer Klasse - Nicht akzeptabel, aber zulässig
Ärger über zwei übervolle Klassen am Bonhoeffer-Gymnasium. Schulleiter: „Das war mit der Elternvertretung abgesprochen.“
Ratingen. Eine Schule zu organisieren, erfordert bisweilen hellseherische Fähigkeiten. Wie viele Schüler schaffen wohl die Versetzung? Wie viele kommen im nächsten Jahr, wie viele gehen? Schlagen die Prognosen fehl, dann kann ein Klassenraum schon mal aus allen Nähten platzen. So wie jetzt wieder am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, das zu diesem Schuljahr aus drei neunten Klassen zwei zehnte gemacht hat.
34 und 35 Schüler haben diese zehnten Klassen nun - "das ist zuviel - und meines Wissens auch nicht zulässig", wettert eine Mutter in einem Brief an Landesschulministerin Barbara Sommer, der der WZ vorliegt. Was ihr aus dem Unterricht geschildert wird, findet sie alarmierend: Der Geräuschpegel sei so hoch, dass die Schüler oft den Lehrer nicht verstünden, die Noten für die mündliche Mitarbeit rutschten in den Keller, weil die Jugendlichen seltener zu Wort kämen.
Was die Mutter besonders in Rage bringt: "Die Schüler dieser Jahrgangsstufe haben deutlich verschlechterte Bedingungen für die zentralen Zehnerabschlussprüfungen und damit für die Versetzung in die Oberstufe."
Ihre Bitte an die Ministerin lautet deshalb, der Schulleitung doch mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Doch dieser Wunsch wird wohl kaum erfüllt werden. Denn: Zehnte Klassen sollen laut Landesrichtlinie 26 bis 30 Schüler haben, in Ausnahmefällen dürfen es bis zu 35 sein. Und um eine solche Ausnahme handelt es sich im vorliegenden Fall, so Schulleiter Ernst Klein.
Schon lange vor den Sommerferien musste die Schulgemeinschaft abwägen, entweder die siebte oder die neunte Jahrgangsstufe auf zwei Klassen zu reduzieren, beide drohten deutlich unter die Mindestschülerzahlen zu rutschen. Die Entscheidung sei dann in enger Absprache mit den Elternvertretern gefallen, erklärt Klein, der deshalb auch wenig Verständnis für den Brandbrief an das Ministerium hat.
"Als die Entscheidung fiel, rechneten wir noch mit 30 Schülern in den zehnten Klassen." Doch dann schafften unverhofft viele die Versetzung, verließen weniger die Schule als erwartet, schafften mehr die Nachprüfungen - und schon war die Misere da. Wobei sich von den Schülern noch niemand beschwert habe - und auch die Prüfungsergebnisse seien bisher unauffällig. "Ich gehe also davon aus, dass die Situation erträglich ist - angenehm ist sie sicher nicht."
Anhand der Prüfungen werde dieser Tage auch entschieden, ob einzelne Schüler oder ganze Gruppen zusätzlich gefördert werden sollen. "Wir versuchen dann, durch Zusatzstunden und Zusatzmaterialien in den Kernfächern auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten", erklärt Klein, der sich sicher ist, damit das Bestmögliche zu tun. Keinen Hehl macht der Chef des Schulbetriebs allerdings daraus, dass in ihm auch ein Pädagoge steckt. Und der gibt dann doch ein wenig der empörten Mutter recht: "Aus pädagogischer Sicht sind solche Klassengrößen nicht akzeptabel."