Ratingen: Die „verlorenen Kinder“ bekommen eine neue Chance

Junge Zuwanderer lernen sich beruflich zu orientieren – mit großem Erfolg.

Ratingen. Sie gelten oft als Verlierer der Gesellschaft, die durch alle Raster zu fallen drohen: junge Zuwanderer vor allem aus den früheren GUS-Staaten Russland und Kasachstan. Sie haben keine Arbeit, oft keine Ausbildung oder einen höheren Schulabschluss.

Ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt: null. Diese Perspektivlosigkeit mündet häufig in Resignation oder Gewalt. Dass diese "verlorenen Kinder" nicht aufgegeben werden müssen, beweist ein Projekt der Caritas, das jetzt mit einer eindrucksvollen Bilanz zu Ende gegangen ist:

Zehn junge Menschen haben ein Betriebspraktikum absolviert, drei haben einen Ausbildungsplatz, drei einen fest Job, zehn junge Zuwanderer konnten motiviert werden, einen höheren Schulabschluss anzustreben, einer hat sogar ein Studium begonnen. "Ein überdurchschnittlich großer Erfolg im Vergleich zu anderen Projekten", lobte Rosa Dörr, Koordinatorin der Stadtverwaltung.

Der Erfolg hat in diesem Fall aber mehrere Mütter und Väter. Einer davon ist Caritas-Mitarbeiter Vadim Khmelnytskyy, der im inzwischen geschlossenen Info-Treff in West die direkten Kontakte zu den jungen Migranten im Stadtteil hat. Er war Ansprechpartner und Motivator in einem. "Die jungen Menschen haben fast alle ähnliche Probleme: fehlender Schulabschluss, abgebrochene Lehre und Orientierungslosigkeit."

Er analysierte ihre bisherigen negativen Erfahrungen, beriet aber auch die Eltern der jungen Menschen. Häufig hätten die Jungen und Mädchen unrealistische Berufswünsche und Vorstellungen, weil sie auch gar nicht wüssten, wo ihre Stärken und Schwächen liegen. Khmelnytskyy: "Viele nannten als Berufswunsch IT-Bereich, ohne zu wissen, dass man dafür in Mathe und Englisch eine eins braucht."

Das eigene Profil herauszuarbeiten, war ein Schwerpunkt des Projektes. Dazu kamen ein Bewerbungstraining sowie individuelle Förderung und Hilfe beim Erstellen der Bewerbungsunterlagen.

Die Resonanz war überragend: "Ursprünglich wollten wir mit maximal 20 jungen Migranten an einer tragfähigen beruflichen Orientierung arbeiten, im Projektverlauf wurden dann aber weit über 60 beraten, 34 davon kontinuierlich", so Klaus Hagedorn, Leiter der Caritas-Beschäftigungsförderung.

Mit im Boot war der Unternehmensverband Ratingen (UVR). Caritas-Ehrenamtlerin Bärbel Schrimpf hatte diesen Kontakt geknüpft, und die Unternehmen sicherten dem Projekt Unterstützung zu. "Für diese jungen Menschen ist es besonders wichtig, in den Arbeitsmarkt zu kommen", erklärt UVR-Geschäftsführer Axel Mauersberger.

Ein großes Autohaus habe sofort ein paar Praktikumsplätze angeboten. "Solche Praktika werden oft unterschätzt, dabei bieten sie als Türöffner große Chancen, in einem Betrieb Fuß zu fassen." Natürlich könne nicht jedes Unternehmen bei so einem Projekt mitmachen - und in Ratingen gebe es nun mal besonders viel Hightech und gehobene Dienstleister.

Dass das Projekt, das aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert wurde, jetzt nach zwölf Monaten ausgelaufen ist, soll dennoch nicht sein Ende bedeuten. "Wir halten den Faden noch in der Hand", sagte Hagedorn, und Bärbel Schrimpf ergänzt: "Ich bin nicht bereit, so ein Erfolgsprojekt aufzugeben." Doch wie es konkret weitergehen soll, weiß man noch nicht.