Ratingen: Energiesparen: Ziel verfehlt

Gutachten: Beim Heizen wird gespart, beim Strom dafür umso mehr ausgegeben. Der Energiebericht liest sich verheerend.

Ratingen. Wer etwas erreichen will, sollte sich hohe Ziele stecken. Das hat man sich wohl auch im Rathaus gedacht, als die Stadt Anfang der 90er-Jahre dem Klimabündnis beitrat und sich damit selbst verpflichtete, den Ausstoß von Klimagasen bis 2010 zu halbieren. Und das nicht etwa bloß für städtische Liegenschaften, sondern für das gesamte Stadtgebiet. Von diesem Ziel kann heute getrost Abschied genommen werden - es ist unerreichbar.

Bestenfalls wird der Status von 1992 erhalten, aktuell sehen die Zahlen aber noch schlechter aus: Bei der Heizenergie wurden seither zwar gut zehn Prozent eingespart. "Doch das wird leider überkompensiert durch den Stromverbrauch", erklärt Manfred Kessel, der als Abteilungsleiter beim Umweltamt die Untersuchung betreut. Gegenüber 1992 sind die CO2-Emissionen durch den Stromverbrauch um 27,5 Prozent gestiegen.

"Heute ist alles viel vernetzter, überall gibt es IT-Technologie", versucht Kessel eine Erklärung. Woran der stattliche Stromhunger der Ratinger letztlich genau liegt, weiß aber auch das Gutachten nicht, das dem Energiebericht zugrunde liegt.

Fest steht nur: Es hätte mehr getan werden können. Denn auch dort, wo die Stadtverwaltung direkten Einfluss hat, bei den eigenen Gebäuden, sieht der Energieverbrauch nicht besser aus. Zwischen 1993 und 1997 zeigten die Kurven noch leicht nach unten - doch seitdem wächst der CO2-Ausstoß wieder kontinuierlich. Auch für das öffentliche Eigentum gilt: Beim Heizen konnte gespart werden, der Stromverbauch stieg an.

"Da muss etwas passieren - ich hoffe, dass durch moderne Technik endlich auch der Stromverbrauch reduziert werden kann", sagt Manfred Kessel. Konkret könnte das zum Beispiel den Einsatz von LED-Technik für die Straßenbeleuchtung heißen.

Auch der Umstand, dass Ratingen seit einem Jahr wieder einen Energiebeauftragten hat, lässt hoffen. Das Heidelberger Ingenieurbüro, das hinter dem Energiebericht steht und die Lage in Ratingen seit Jahren beobachtet, sieht genau an dieser Stelle große Versäumnisse: "Es ist ein Zusammenhang zwischen steigendem Energieverbrauch und fehlendem Energiemanagement zu erkennen, das 2002 zwischenzeitlich wieder aufgenommen wurde und nicht die gewünschte Wirkung zeigt", heißt es in dem Gutachten.

Für die Grünen sind solche Sätze eine willkommene Vorlage. "Der erneut höhere CO2-Ausstoß zeigt, dass Klimaschutz in Ratingen keinerlei Stellenwert hat", kommentiert Grünen-Sprecher und Ratsmitglied Felix Gorris die Zahlen. Manfred Kessel hört das natürlich ungern. Schließlich habe man beim Thema Heizenergie etwas erreicht. Außerdem sei die Entwicklung von vielen äußeren Faktoren abhängig. "Zufrieden sein können wir damit aber nicht", schränkt er ein.

Was die Stadtverwaltung für den Klimaschutz tun kann und sollte, benennt das Gutachten auch: Beim ökologischen Bauen und der Wärmedämmung sei noch viel ungenutztes Potenzial. Außerdem sollte der Energiebeauftragte mehr Kompetenzen erhalten, raten die Fachleute.

Auf diesem Weg könnte Ratingen den Klimaschutzzielen vielleicht doch noch näher kommen. Aber auch nur, weil diese mittlerweile angepasst wurden - um 20 Jahre. Die Halbierung der Pro-Kopf-Emission strebt das Klimabündnis nun bis 2030 an.