Ratingen: Nadia Meroni - „Wir müssen wieder mehr miteinander sprechen“

Nadia Meroni liebt „ihr“ Ratingen. Als singende Köchin und Weihnachtsfrau ist sie den Ratingern bestens bekannt.

Ratingen. Einen Fernseher hat sie nicht. Aus Überzeugung. Mit anderen Menschen zu reden sei wichtiger, als sich vor dem Flimmerkasten berieseln zu lassen - Eine Philosophie, die Nadia Meroni auch sogleich mit Leben füllt: "Wie geht es dir, mein Lieber?", grüßt sie einen jungen Mann, der eilig an Meronis Weihnachtsmarkthütte vorbeisprintet. In einer anderen Sekunde ist sie mit einer blonden Frau ins Gespräch vertieft.

In einen roten Poncho gehüllt, eine Nikolausmütze auf dem Kopf und mit farblich passendem Lippenstift, sitzt sie in ihrer Hütte, hinter ihren unzähligen Einmachtöpfchen und nippt am Glühwein. Immer wieder stellt die 61-Jährige das Glas ab, steht kurz auf, wechselt ein paar Worte mit Bekannten, winkt ihnen oder wirft eine Kusshand zu. Sie nimmt sich die Zeit. "Das Wichtigste ist, dass man miteinander spricht. Nur dann kann man sich auch verstehen", sagt Meroni, die selbst ernannte Weihnachtsfrau Ratingens, mit charmantem, französischem Akzent.

Vor 28 Jahren kam die bekannte Opernsängerin aus Monte Carlo nach Deutschland. Im Dezember 1997 zieht sie nach Ratingen um. Warum gerade nach Ratingen? Es hatte sie schlicht "erwischt". Durch Freundin Gerdi Stakenborg aus dem Ratinger Akkordeon-Orchester, mit der sie später auch eine CD aufnahm, lernte sie Ratingen kennen, war sofort von der Stadt mit "südländischem Flair" fasziniert.

"Diese alten Häuser haben diesen Charme, der mich an den Süden erinnert", erklärt Meroni. "Viele würden bestimmt sagen, dass ist ja überall so. Aber überall ist eben nicht Ratingen." Im Cromford-Park findet Meroni ihr Stück Mittelmeer - kurioserweise in Form eines Baumes. "Ich liebe eine alte Zeder, die vom Mittelmeer kommt. Als ich sie das erste Mal sah, habe ich sie umarmt und laut gesagt ‚Na, mein Freund, ich komme auch daher", sagt Meroni mit einem Lachen.

Bis 1998 arbeitete Meroni in der Gastronomie, ist in Ratingen aber noch heute als die "singende Köchin" bekannt. "Lange habe ich das Nichtstun nicht ausgehalten. Die Arbeit ist für mich wie ein Virus", sagt Meroni. Sechs Monate nach ihrem Rückzug aus dem Geschäft machte sie sich selbstständig, bereitete in ihrer heimischen Küche Antipasti, Marmeladen und Senf zu und verkaufte sie auf dem Trödel. "Das mache ich heute nicht mehr. Das ist mir einfach zu viel geworden."

Sich einen Überblick über Meronis Tätigkeiten zu schaffen, ist nicht ganz einfach. Meroni ist immer auf Achse, ihre Aufgaben sind vielfältig. Mit den Schülern der Astrid-Lindgren-Schule in Ratingen-West macht sie einmal in der Woche tänzerische Entspannungsübungen. "In Ratingen-West gibt es große Probleme", sagt Meroni.

"Das liegt zum großen Teil auch an den sprachlichen Unterschieden. Viele können sich auf Deutsch gar nicht verständigen. Und wo Worte stumm werden, entsteht Aggression und Gewalt." Natürlich sollten Menschen die eigenen Wurzeln pflegen, sich aber auch mit der deutschen Kultur vertraut machen und die Sprache beherrschen. In Ratingen müsse wieder mehr miteinander gesprochen werden. "Sich einander kennen lernen und Liebe pflegen - das ist und bleibt der einzige Weg, um Grenzen abzubauen."