Ratingen: Stadtwerke ohne RWE?
Die SPD will die Beteiligung der RWE rückgängig machen. Andere Parteien sehen darin keinen Sinn.
Ratingen. Es ist nur ein Nebensatz, aber er sorgt für Gesprächsstoff, Kopfschütteln und zustimmendes Nicken. Auf Seite 14 des kommunalpolitischen Programmes der SPD heißt es wie beiläufig: "Um Klimaschutz und Energiepolitik zu gestalten, muss die Stadt wieder alleine Herr bei den Stadtwerken werden."
Populistisches Geschwätz in Wahlkampfzeiten? Spinnerei und Wunschdenken? Oder gibt es wirklich eine Aussicht auf Ratinger Stadtwerke ohne RWE-Beteiligung?
1996 hatte der Stadtrat schweren Herzens eine Beteiligung (24,9 Prozent) der RWE an den Stadtwerken zugestimmt. Dieser Deal brachte neben dem Stromnetz im Angerland und in Homberg auch noch einen Geldregen von 17 Millionen Euro in die Stadtkasse. Allerdings müssen seitdem die Stadtwerke ihre Gewinne anteilig mit der RWE teilen, die Verluste aus den beiden Bädern jedoch selbst tragen.
2002 wurde erneut darüber debattiert, weitere Anteile zu verkaufen, um die finanziellen Belastungen der Stadt stemmen zu können. Damals fuhren die Stadtwerke noch einen Rekorderlös von über zehn Millionen Euro ein.
Der Gewinn fiel in den Folgejahren deutlich geringer aus und wird den Prognosen nach auch in Zukunft bescheiden ausfallen. Die Zeiten der großen Gewinne sind vorbei. "Aus dieser Debatte halte ich mich heraus", sagte Geschäftführer Friedrich Schnadt auf Anfrage der WZ. Er müsse umsetzen, was ihm vom Aufsichtsrat aufgetragen werde. Tatsache sei, dass ein Rückkauf viel Geld kosten würde und es auch fraglich wäre, ob der Partner seine Anteile verkaufen will.
"Das ist für uns kein Thema", sagte Gerold Fahr, Finanzexperte der CDU-Fraktion. "Vielleicht würde die RWE sogar gerne verkaufen. Die Energieversorger stehen beim Gewinn enorm unter Druck, und der werde sich noch verstärken. "Es wäre töricht, wenn die Stadt das machen würde." Zumal die Stadtwerke alle Freiheit haben, die RWE nicht einmal ein Vetorecht.
"Woher das Geld nehmen?", fragt sich Aufsichtsratsmitglied Horst Becker (FDP). Ein zweistelliger Millionenbetrag wäre bestimmt dafür fällig, und dabei sei noch nicht einmal die erste Rate für die Rathaussanierung im Haushaltsentwurf enthalten. "Ich halte das für Wunschträume, und sehe auch keine Vorteile für Ratingen." Es sei auch wirtschaftlich nicht vertretbar: Bei Verhandlungen mit Großkunden sei ein Unternehmen wie RWE versierter als die kleinen Ratinger Stadtwerke. "Uns wäre sonst bestimmt schon der eine oder andere große Brocken weggeschnappt worden."
"Wir wollen, dass sich die Stadtwerke Ratingen anders aufstellen, wir wollen auch, dass weniger Energie verbraucht wird. Solche Ziele kann man mit der RWE nicht durchsetzen", verteidigt SPD-Fraktionschef Christian Wiglow das Programm seiner Partei. Auf dem Papier habe das RWE die Minorität, faktisch aber überall die Finger drin.
"Wir geben einen Anteil des Reingewinns ab, die Verluste der Bäder tragen wir aber selbst." Die Stadtwerke seien ein lokales Unternehmen, anders als Eon oder Yellow, und könnten sich deshalb anders profilieren - mit dezentraler Energieversorgung oder erneuerbaren Energien. Gewinn? "Die Stadtwerke sollen nicht den Riesenreibach machen, sondern die Bürger preiswert versorgen."
"Schön wär’s", kommentierte Susanne Stocks (Grüne) den SPD-Plan. Man könnte die Politik dann wirklich selbst bestimmen. Sie glaubt allerdings, dass man das eher als "Fernziel" verstehen sollte, an eine rasche Umsetzung glaubt sie nicht.
"Populistisch und ohne Sinn." Lothar Diehl (Bürger Union) findet keinen Grund für einen Rückkauf der RWE-Anteile. "Mit der Dreiviertel-Mehrheit haben wir das Sagen. Außerdem ist es nicht das Schlechteste, einen starken Partner zu haben, der auch das Know-how liefert."