Tedrive in Wülfrath: Mitarbeiter bangen um ihre Stellen
Tedrive: In einer Pressemitteilung betont die Unternehmensleitung, dass mit dem Insolvenzantrag die Möglichkeit eröffnet werde, "die Unternehmen dauerhaft weiterzuführen".
Wülfrath. Empörung. Traurigkeit. Die nackte Angst. Wut pur. An der HenryFordII-Straße könnte die Stimmung nicht schlechter sein. Der Insolvenzantrag der Tedrive-Geschäftsführung ist ein Stich ins Herz. "Die da oben interessiert es nicht, wie es uns geht, wie es unseren Familien geht. Denen ist der Standort Wülfrath egal. Wir werden doch alle verarscht", sagt einer, der seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen ist. Schon seit Vater hat für Ford gearbeitet.
"Jetzt gehen die Lichter aus", sagt er. Hoffnung hat er keine mehr. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. "Denn dann wird’s persönlich", hat er jedes Vertrauen in die Tedrive-Leitung verloren.
In einer Pressemitteilung betont die Unternehmensleitung, dass mit dem Insolvenzantrag die Möglichkeit eröffnet werde, "die Unternehmen dauerhaft weiterzuführen". Seit einigen Monaten schon werde ein Masterplan zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Kosteneffizienz umgesetzt.
In diesem Zusammenhang sollen bekanntlich bis zu 280 der 600 Stellen in Wülfrath bis 2010 abgebaut werden. "Die eingeleiteten Maßnahmen sind geeignet, den Betrieb fortzuführen und das Unternehmen in kürzester Zeit zu stabilisieren", heißt es weiter. Löhne und Gehälter seien durch das Insolvenzgeld gesichert.
Als vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Amtsgericht Aachen gestern Anwalt Andreas Ringstmeier aus Köln bestellt. Von ihm ist laut dessen Kanzlei nicht vor heute eine erste Einschätzung zu erwarten.
Es mehren sich die Stimmen, die in dem Vorgehen der Geschäftsführung "eine geplante Insolvenz" vermuten. Die Eigner von Tedrive - die Orlando Management GmbH München - wolle schließlich Rendite sehen.
So sollen nach der Visteon-Übernahme im vergangenen Jahr sowohl die Immobilien als auch die Patente ausgegliedert worden sein. Miete und Lizenzgebühren müssten demnach an von Orlando Management gegründete Tochterunternehmen gezahlt werden: 3,5 Millionen Euro pro Jahr für die Hallen, 1,5 Millionen Euro für die Patente.
"Da kommt man dann auch schneller in eine Insolvenz", so ein Insider. Außerdem soll Tedrive Wülfrath einem brasilianischem Tedrive-Unternehmen drei Millionen Euro Kredit gewährt haben. Daten, die von Betriebsrat und Gewerkschaft bestätigt werden. Tedrive, von der WZ dazu befragt, gab dazu keine Stellungnahme ab.
Die Arbeitnehmer vermuten, dass es Tedrive darum geht, mit dem Insolvenzverfahren den Besitzstandschutz der Mitarbeiter auszuhebeln. Vereinbarte Kündigungsfristen, aktuelle Löhne, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Schichtzulagen - über eine Insolvenz könnten diese Errungenschaften der Arbeitnehmer gekippt werden.
"Offenbar hatte die Geschäftsführung diesen Insolvenzplan schon immer parallel vorangetrieben," mutmaßt Michele Dattaro von der IG Metall, "das ist der PlanB einer Heuschrecke". Was das Unternehmen nun plane, sei nicht bekennt. Dattaro: "Tedrive muss jetzt Pläne vorlegen, bevor wir uns äußern können."
Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff hat gestern nicht nur Kontakt zur Tedrive-Geschäftsführung aufgenommen. "Ich hatte auch ein Gespräch mit dem Wirtschaftsministerium. Jetzt müssen wir abwarten."