Darsteller, Regisseur, Übersetzer: Christian Kohlunds großes Solo in Ratingen
Abendfüllender Monolog war harte Arbeit – auch fürs Publikum.
Ratingen. Nachdem der lautstarke Applaus verklungen war und Christian Kohlund kein weiteres mal auf der Bühne des Stadttheaters erschien, um sich zu verbeugen, als der Theaterabend also wirklich beendet war, gab es nur ein Thema: Christian Kohlund. Überwiegend waren die Zuschauer von seiner Darbietung in "Im Zweifel für den Angeklagten" hingerissen. "Bemerkenswert, was der alleine alles schafft" und "so viel Text!", hieß es anerkennend für seinen XXL-Monolog.
Bei seinem Auftritt hängt die Krawatte wie ein Strick um den Hals, das deutlich schüttere Haar ist wirr. In gebückter Haltung, ein Bein nachziehend, gibt Kohlund den alten Clarence Darrow, den unerschrockenen Anwalt, der auf sein Leben zurückblickt. Er ist Chronist einer Zeit und seines Lebens, das er den Unterprivilegierten widmete.
Wie ein Schutzmantel umgibt ihn eine stille Melancholie, denn bei den imaginären Lebensstationen, die in diesem Ein-Personen-Stück aufgerollt werden, erinnert sich der 1857 in Ohio geborene Jurist an viel Dramatisches.
Mit wenig prononcierter, aber doch eindringlicher Stimme berichtet dieser Darrow von seinem wohl berühmtesten Prozess, dem Fall der McNamara-Brüder. Sie hatten 1911 das Gebäude der Los Angeles Times in die Luft gejagt. Weil er die beiden zu einem Geständnis überreden kann, endet der Prozess mit einer Haft- und keiner Todesstrafe.
Christian Kohlund spielt nicht nur die Hauptrolle, er hat das Drama auch neu übersetzt, das Bühnenbild entworfen und führt Regie. Die Inszenierung der historischen Lektion hat noch aktuelle Brisanz. Sie ist ein großes Plädoyer für Freiheit und Menschenrechte. Und wer den vielen Worten konzentriert folgt, hat es schwer, nicht fasziniert zu sein.
Allerdings hat der textlastige Abend nach Meinung mancher auch seine Nachteile. "Zu viel Pathos" und "zu wenig Abwechslung" wollten kritische Gäste festgestellt haben.
Natürlich gibt es kleine Versprecher, dafür aber auch große Lacher. Denn der Schweizer Schauspieler, den meisten Menschen aus seiner Rolle als Professor Vollmers in der Endlosserie "Die Schwarzwaldklinik" bekannt, hat trotz der dramatischen Grundstimmung durchaus Sinn für Humor und weiß Pointen zu setzen.
"Ich habe vor dreißig Jahren Curd Jürgens in der Rolle des Clarence Darrow gesehen, das hat mich nicht mehr losgelassen", sagt Kohlund selbst. Dem anerkennenden Beifall nach zu urteilen, stand er beim Gastspiel in Ratingen seinem gefeierten Vorbild in nichts nach.