Ratingen: Namen für eine gute Adresse

Straßen tragen am häufigsten Namen von Bürgermeistern und prominenten Persönlichkeiten.

Ratingen. Unsterblichkeit erlangen am leichtesten die Bürgermeister - zumindest in Form eines Straßennamens. "Die Stadtoberhäupter werden gerne herangezogen, wenn es darum geht, eine neue Straße benennen zu müssen" erklärt der stellvertretende Stadtarchivsleiter Joachmim Schulz-Hönerlage.

So gebe es zum Beispiel schon die Peter-Polheim-, Hugo-Schlimm-, August-Prell- oder Fritz-Windisch-Straße. Dementsprechend gute Chancen hätten auch Wolfgang Diedrich als Ex- und Harald Birkenkamp als amtierender Bürgermeister, dass irgendwann ihre Namen ein Straßenschild zieren.

Schwerer als die Bürgermeister haben es in der Vergangenheit allgemein die Frauen gehabt, sich unsterblich zu machen - auch, wenn sie sich für die Stadt noch so verdient gemacht haben. "Weibliche Namen finden sich seltener auf Straßenschildern wieder", weiß der stellvertretende Vorsitzende des Lintorfer Heimatvereins Andreas Preuß.

"Deshalb habe man sich im Vorstand bewusst in den Neubaugebieten für die Namen Anna-Fohrn-Straße und Schwester-Helia-Weg (benannt nach einer bekannten Ordens- und Krankenschwester) entschieden, um für etwas Gleichberechtigung zu sorgen", sagt Preuß.

Die Lintorfer Heimatfreunde, das Stadtarchiv und der Heimatverein Ratingen sind die Instanzen, die von der Stadt befragt werden, wenn es darum geht, neue Namen für Straßenzüge zu finden.

Wer sich aber nun vorstellt, dass die Auswahl zufällig und nach persönlichen Vorlieben der Archivsmitarbeiter oder Heimatvereinsmitglieder geschieht, der irrt. "Wenn ein neuer Straßenzug in einem Neubaugebiet entsteht, dann fragen wir uns immer zuerst, welche Gebäude oder Firmen vor Ort standen, welche Personen dort vielleicht gearbeitet haben oder welches historisches Ereignis dort geschehen ist", erklärt Schulz-Hönerlage. "Dann recherchieren wir im Archiv und schlagen Namen vor."

Ähnlich macht es auch der Ratinger Heimatverein. "Der lokale Bezug hat oberste Priorität", sagt Andrea Töpfer. So entstünden dann auch Namen wie die Calor-Emag-Straße oder Balcke-Dürr-Allee. "Die sollen an diese bedeutende Firmen erinnern, die für viele in der Stadt die Arbeitgeber waren", erklärt Töpfer.

Gibt es keinen lokalen Bezug, weiche der Heimatverein zum Beispiel auf Flurnamen wie Am Waldrand oder auf Persönlichkeiten zurück, die mit dem Ort zwar nichts zu tun haben, aber von allgemeiner Bedeutung sind. Deshalb gibt es in Ratingen wie in vielen anderen Städten auch den Konrad-Adenauer-Platz in Lintorf oder die Hegelstraße in Ratingen Ost.

Ein prominenter Politiker hat es geschafft, einen kleinen Streit um die Namensgebung auszulösen, als es darum ging, nach ihm eine Straße zu nennen. Andrea Töpfer erzählt: "Als Willy Brandt gestorben war, wollte die Stadt unbedingt eine Straße nach ihm bennen. Es gab aber kein Neubaugebiet, in dem gerade neue Straßen gebaut wurden. Es gab Überlegungen, ob nicht die Industriestraße einfach umbenannt werden könne. Doch richtig einverstanden war damit niemand und im Stadtrat wurde heftig diskutiert."

Ganz offensichtlich ohne Erfolg: Die Industriestraße hat immer noch ihren Namen. Und Willy-Brandt hat sich in Ratingen immer noch nicht als Straßennamensgeber unsterblich machen dürfen.

Manchmal dient der Straßenname aber auch dazu die Verbundenheit zu anderen Städten oder Regionen zu bekunden. Es sei beispielsweise eine bewusste Entscheidung gewesen, dass in West, die Straßen überwiegend nach ostdeutschen Städten zu bennen", erklärt Schulz-Hönerlage.

Und dann gibt es da noch so manche Straßen, die ursprünglich ganz anders hießen oder von manchen Dumeklemmern noch heute nicht ihrem offiziellen Namen genannt: So gibt es Bezeichnungen wie Am hungrigen Wolf, Stinkesmist, In der Höll’ oder das Schlangenloch. Alle tragen heute anderen Namen, wurden umbenannt. Denn von einer einladenden Adresse ist bei diesen Namen wohl nicht zu sprechen.