Ratingen: Online gibt’s wenig Aktuelles

Die CDU will, dass Ratingen dabei mitmacht. Die Büchereichefin lehnt das Angebot aber ab.

Ratingen. Alle Städte im Kreis machen mit. Alle? Nein, eine Stadt schert aus: Ratingen beteiligt sich nicht an dem Projekt "BibNet-Onleihe" des Kreises Mettmann, das vor einer Woche gestartet wurde (wir berichteten). Das Projekt, an dem sich die zehn Stadtbüchereien im Kreis beteiligen, ermöglicht den kostenlosen Zugriff auf Texte, Medien, Musik und Filme vom heimischen Computer aus.

Eine tolle Sache, denkt sich auch die Ratinger CDU-Fraktion und stellt den Antrag, dass über eine Ratinger Beteiligung bei "BibNet-Onleihe" im Kulturausschuss noch einmal beraten werden soll. "Bei der BibNet-Onleihe steht für das Herunterladen von Medien - das gerade für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Alltag gehört - praktisch eine komplette Bibliothek bereit. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den schülerrelevanten e-books", begründet Fraktionsvorsitzender Ewald Vielhaus.

Weitere Vorteile seien, dass das digitale Angebot von zu Hause aus 24 Stunden zugänglich und kostenlos nutzbar sei. Zudem würden sich die beteiligten Bibliotheken Zugang zu neuen Nutzern erhoffen, besonders unter Jugendlichen. Außerdem würde das Land die Hälfte der Erstausstattung tragen, die andere Hälfte der Kreis.

"Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht bei dem Projekt mitzumachen", erklärt Erika Münster, Leiterin der Ratinger Stadtbücherei. Man habe das Produkt genau angeschaut, geprüft und dann für nicht wert genug gehalten. "Es hört sich erst einmal gut an", räumt Münster ein, beim genauen Hinsehen würden aber sehr schnell die Schwächen offenbar: Das Angebot an Medien (insgesamt: 11 000) ist sehr stark eingeschränkt, es gibt so gut wie keine neuen und aktuellen Medien. Häufig seien es Drittverwertungen der Verlage. "All das spricht Jugendliche überhaupt nicht an."

Eine Stichprobe bestätigte diese Einschätzung: Wer unter "Jugendliteratur" und "Fantasy" sucht, bekommt "Alice im Wunderland" angeboten. Unter der Rubrik "Spannung" gibt es "Robinson Crusoe" und "Tom Sawyers Abenteuer" - gute Klassiker, aber bei der Jugend nicht gerade auf der Bestenliste.

Noch schlimmer sieht es im Musikbereich aus: Irgendein halbwegs aktueller Hit aus den Charts? Fehlanzeige. Dafür Barockkonzerte, Jazz, Kantonesische Musik und "The Sound of Armenia". Außerdem gibt es "Kishons beste Autofahrergeschichten"...

"Wir bezweifeln auch den technischen und pädagogischen Nutzen. Und wer will, dass Jugendliche zu jeder Zeit am Computer sitzen?", sagt Münster. "Wir wollen die Leute in die Büchereien holen." Dass das Land das Projekt unterstütze, wundere nicht: Es ist schließlich Mitgesellschafter des Anbieters.