Ratingen: Postgeschichte - Mit den Briefen zu Fuß nach Düsseldorf
Friedrich Ahrens hat eine Quellensammlung zur Entwicklung des Briefverkehrs in Ratingen geschrieben.
Ratingen. So dann truge Herr Bürgermeister vor, dass Kommerzienrath Brögelmanns sich über hiesigen Stadt Post beschwert hätte, dass dieser Ihme die Briefe des abends nicht zustellete; der Vorgeladene Post Wilhelm Lambertz persönlich äußerte sich daß Er so lang, als Herr Kommerzienrath Brögelmann ihn in gehalt [also bezahlt] gehabt, Er die briefe stetshin alle abends nach der Fabrik überliefert: da aber wohlderselb ihn hernach abgeschafft, und einen selbsteigenen Post eingesetzt, so Verneinte Er, ohnentgeltlich dazu nicht schuldig zu sein.
Dieser Auszug aus historischen Ratinger Magistratsprotokollen zeigt: Bereits vor 216 Jahren gab es Probleme, wenn die Post nicht geliefert oder das Porto nicht bezahlt wurde. Damals war die Brieflieferung Stadtsache - also wurde die Sache im Stadtrat diskutiert. Der Beschluss: Postmann Lambertz musste die Briefe gegen geringe Entlohnung an Brögelmanns liefern. Eineinhalb Jahre hat Ahrens Magistratsprotokolle durchforstet
Dass diese und weitere Handschriften in Sütterlinschrift ab sofort und ohne Schwierigkeiten lesbar sind, ist der Verdienst von Friedrich Ahrens. Der 80-Jährige hat in den vergangenen anderthalb Jahren fast täglich die städtischen Magistratsprotokolle von 1711 bis 1818 durchforstet, um die erste Quellensammlung zur Postgeschichte Ratingens zu schreiben. Nun hat er seine vier fertiggestellten Bücher an das Stadtarchiv übergeben.
"Irgendwie spiegelt sich mein Leben in dieser Forschungsarbeit wider. Ich habe von klein auf Sütterlin gelernt, bin interessiert an Geschichte und Sammler von Ratinger Postdokumenten", sagt Ahrens, der Doktor der Pharmazie ist. Schon in seiner Zeit als Pharmazeut fand er gefallen an der historischen Arbeit. "Ich finde, dass man wissen muss, wie manche Dinge früher funktioniert haben."
So seien die Postbeamten damals meist zu Fuß von Ratingen nach Düsseldorf gegangen. Dort war die Station der Fürsten Thurn und Taxis, der kaiserlichen Lehnspost, die auch international verschickte. Der Briefträger machte sich mittags auf den Weg nach Düsseldorf und kam abends gegen acht Uhr zurück. Nach Wuppertal war es weniger anstrengend: Die Strecke war zu lang und wurde daher auf dem Pferderücken oder per Kutsche zurückgelegt.
Auch neue Erkenntnisse für die Ratinger Stadtgeschichte hat Ahrens ausgegraben: Seit 1727 gab es eine Poststation, bereits seit 1276 ein Botenwesen. Teilweise waren die Texte auch auf Französisch oder Latein verfasst. "Von 1803 an waren dann alle Protokolle auf französisch. Leider spreche ich diese Sprache nicht", bedauert er.
Sonst könnte Friedrich Ahrens seinen lang gehegten Traum selbst verwirklichen: eine vollständige Ratinger Postgeschichte. "Mit der Quellensammlung liegt ein Meilenstein vor. Vielleicht interessiert sich jemand dafür und greift auf meine Arbeit zurück", hofft er auf Nachwuchswissenschaftler, die in seine Fußstapfen treten wollen.