Shopping-Tage auf dem Prüfstand
Nachdem in Velbert die verkaufsoffenen Sonntage einkassiert wurden, hat Verdi jetzt Wülfrath im Visier. Die Stadt will nachbessern.
Wülfrath. Nach Velbert nimmt Verdi jetzt Wülfrath unter die Lupe. Vergangene Woche hatte ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster die Nachbarstadt und ihre Händler kalt erwischt: Alle verkaufsoffenen Sonntage des weiteren Jahres wurden gestrichen. Das erfuhren die Gewerbetreibenden in Neviges am Freitagnachmittag beim Schmücken ihrer Läden. Der folgende Sonntag sollte verkaufsoffen sein. Verdi Wuppertal-Niederberg hatte das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht angestoßen und schaut als nächstes auf die Kalkstadt.
„Wir wollen anregen, dass die Stadt Wülfrath ihre Satzung zu den verkaufsoffenen Sonntagen aussetzt“, sagte Verdi-Bezirksgeschäftsführer Daniel Kolle der WZ. Genau wie bei den Nachbarn sieht die Gewerkschaft in Wülfrath einen rechtswidrigen Umgang mit der Ladenöffnung an Sonntagen. Der Sonn- und Feiertagsschutz dürfe nur dann umgangen werden, so das Oberverwaltungsgericht in seinem jüngsten Beschluss, „wenn die Ladenöffnung gegenüber der anlassgebenden Veranstaltung nur untergeordnete Bedeutung hat.“ Sprich: Wenn die Leute originär wegen des Festes in der Stadt sind. Dies müsse eine Prognose des Besucherstroms nachweisen.
So etwas bietet die Verordnung der Stadt Wülfrath derzeit nicht. Allerdings ist die Kalkstadt bereits dabei, das entsprechende Papier zu ergänzen, damit der Rat noch in seiner Sitzung am 28. Juni eine überarbeitete Fassung verabschieden kann. Ordnungsamtsleiter Sebastian Schorn bleibt ruhig: „Für Wülfrath habe ich keine Bedenken.“
Hier geht es noch in diesem Jahr um die Shopping-Sonntage zu Kartoffelfest (15. September) und Herzog-Wilhelm-Markt (27. November). Gerade bei diesen Festen glaubt Schorn, dass die Voraussetzungen für eine Sonntagsöffnung gegeben ist, weil es sich um besucherstarke Veranstaltungen handelt. „Wir werden das dort mit Zahlen belegen, wo wir es können“, sagt Schorn.
Die Frage wird sein, ob die Ergänzungen reichen, um Wülfrath aus der Schusslinie zu nehmen. Verdi-Mann Daniel Kolle gibt zu bedenken, dass sichere Zahlen nur mit einer Besucherzählung und gegebenenfalls mit einer Befragung möglich sind. Es sei nämlich zu klären: Wer ist wegen des Festes gekommen und wer wegen des Einkaufens.
Klar ist: Für das Jahr 2017 muss es auf jeden Fall ein Umdenken geben, denn das „Frühlingserwachen“, ein Motto unter dem noch in diesem Jahr die Läden geöffnet wurden, erfüllt alle Voraussetzungen, um auf die rote Liste zu kommen. Melanie Wolfram aus dem Vorstandsteam von Wülfrath Pro sieht auch genau diese Veranstaltung als das „Sorgenkind“ an, gibt sich aber für die beiden ausstehenden Anlässe optimistisch. „Das sind langjährige, etablierte Feste, die einen ausreichenden Grund für die Öffnung der Ladentüren liefern sollten“, glaubt Wolfram.
Verdis Kurs stößt bei der Händlerin auf Unverständnis: „Grundsätzlich finde ich die Bemühungen nachvollziehbar, denn in vielen Branchen wird Mitarbeitern eine Menge zugemutet. In Wülfrath trifft das aber weniger zu, da es hier mehr kleine, meist inhabergefügte Geschäfte gibt.“ Die Gewerkschaft solle ihre Energie lieber bündeln, um erstmal dort aufzuräumen, wo große Konzerne systematisch versuchen, Arbeitszeiten und Lohnabsprachen zu ihren Gunsten zurechtzubiegen.
Kolle verweist darauf, dass Verdi in diesem Fall nicht der Richter sei. „Das steht so im Grundgesetz“, sagt der Bezirksgeschäftsführer. Er stellt klar: „Wir wollen verkaufsoffene Sonntage nicht generell verhindern, sondern einen fairen Interessensausgleich schaffen.“ Dazu gehöre auch die frühzeitige Beteiligung der Gewerkschaft. Die habe seitens Wülfrath jedoch in den vergangenen beiden Jahren nicht stattgefunden. Dem widerspricht Sebastian Schorn aus dem Ordnungsamt: „Wir haben Verdi 2014 und 2015 angeschrieben und keine Antwort erhalten.“