Tönisheide: Auch für Bello gilt: Frisch ist besser als Dose

Immer mehr Tiere leiden unter Allergien oder ernährungsbedingten Krankheiten. Guido Vogelsang reagierte darauf mit einer Geschäftsidee: Er bietet naturnahes Futter für Hund, Katze und Frettchen an.

Tönisheide. Lammpansen, Rinderkopfhaut mit Fell, Kauwurzeln aus der portugiesischen Erica Arborea, Hühnerfüße, Pferdelunge, pürierter Blättermagen, Kaninchenohren: Was sich anhört wie ein Sammelsurium von Ekligkeiten, lässt bei jedem Hund in Vorfreude auf geschmackliche Sensationen den Speichel in Strömen fließen. Doch derlei Futter findet sich in keinem Supermarktregal, auch beim Metzger erntet man auf Nachfrage höchstens Achselzucken oder angewiderte Blicke.

Guido Vogelsang hat dagegen das gesamte Sortiment und noch viel mehr im Angebot. In seiner "Futterscheune" hat er sich auf artgerechtes und naturnahes Futter für Hunde, Katzen und Frettchen spezialisiert. Für seine erfolgreiche Geschäftsidee ist der 32-Jährige erst kürzlich mit dem Existenzgründerpreis der Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert ausgezeichnet worden.

Dosenravioli oder Tütensuppen gelten kaum als ausgewogene, gesunde oder gar naturnahe Ernährung. Doch Hunde- und Katzenhalter füttern ihre Lieblingen oft ein Leben lang mit Mahlzeiten aus Dose und Tüte. Frisch zubereitete Nahrung ist eher die Ausnahme. Aber wie bei den Menschen nehmen auch bei Haustieren Allergien und ernährungsbedingte Krankheiten dramatisch zu.

Vogelsang, gelernter Kfz-Mechaniker und -Meister, kam ins Grübeln, fütterte seinen Hund "Atrax" aber zunächst weiter auf die übliche Weise. Der Durchbruch kam vor gut zwei Jahren, als er eine Hündin bekam, die von der Züchterin nur mit rohen Lebensmitteln gefüttert worden war.

Da reifte der Entschluss, das Futter selbst herzustellen. Statt Mischmasch aus der Dose gab es jetzt Pansen pur, frisches Gemüse und zum Knabbern ein getrocknetes Kaninchenohr. "Es macht Spaß, einem Hund dann beim Fressen zuzuschauen - welche Freude er dabei hat." Warum kein Geschäft daraus machen? Im Juni 2009 gründete Vogelsang seine "Futterscheune" - mit 10000 Euro Startkapital. Im Mai expandierte und investierte er in Maschinen zum Abfüllen und Abpacken.

Das Fleisch bekommt er von umliegenden Schlachthöfen, das Gemüse vom Großmarkt, die getrocknete Ware von spezialisierten Herstellern. Alles wird sofort frisch verarbeitet, portioniert, vakuumverpackt und eingefroren. Viele seiner Kunden haben kranke Hunde. Andere kommen erstmal zur Beratung - darunter auch Vegetarier. "Die wollen eine bewusste Ernährung auch ihrem Hund oder ihrer Katze nicht vorenthalten." Allerdings koste es die Vegetarier schon Überwindung, den Laden zu betreten.

Verständlich, denn die "Ware" in den Regalen und in den Tiefkühltruhen bietet Zartbesaiteten einen nicht ganz leicht zu verdauenden Anblick: Rinderkopfhaut mit Fell, Ochsenziemer (getrockneter Bullenpenis) als Kauspielzeug, Rinderkehlkopf, Strosse (Luftröhre von Rind und Lamm) als "Leckerchen für zwischendurch", Pansen (getrocknet oder frisch gefroren), Blättermagen samt Inhalt (püriert und gefroren), Pferdelunge ("Pferdefleisch ist für Allergiehunde besonders geeignet"), getrocknete oder frisch Rinderohren mit Fell ("die haben darmreinigende Wirkung"), Eintagsküken, getrocknete Fische, gefrorenes Rinderblut in Beuteln...

800 Kilogramm Fleisch verarbeiten Vogelsang und seine Frau Michaela pro Woche. "Wenn wir die Produktion ausbauen, brauchen wir mehr Platz und vielleicht auch Mitarbeiter", schaut er in die Zukunft. Angesichts der ständig steigenden Nachfrage scheint das nicht utopisch zu sein. Die 5000 Euro Preisgeld für den Existenzgründerpreis hat er angelegt - "als Notnagel".