Tönisheide: Seit 100 Jahren ein Ausflugsziel
Die „Kleine Schweiz“ feiert am Sonntag ihr Jubiläum. Familie Wiehoff führt das Haus in vierter Generation.
Tönisheide. Ausflugsziel, Restaurant im Grünen, Ort vieler Festlichkeiten: am Sonntag feiert die "Kleine Schweiz" ihr 100-jähriges Bestehen. Frank und Dörte Wiehoff blicken im Gespräch mit der WZ in die Geschichte.
Die Ursprünge des Gebäudes liegen wohl bereits im 18. Jahrhundert: 1736 entstand im Tönisheider Wald der Kotten "Am Buschkamp", zunächst als Hausweberei. Außer einem Stallanbau 1871 ist nicht viel über das Anwesen bekannt.
Anfang des 20.Jahrhunderts eröffnete der als "Wunderläufer" bekannte Adolf Wilmsmeyer dort ein vegetarisches Restaurant, für das er 1908 die Erlaubnis erhielt, alkoholfreie Getränke auszuschenken. Er bot außerdem Tanzveranstaltungen und Eselreiten an.
Vermutlich rührt der Name "Kleine Schweiz" aus jener Zeit, so Frank Wiehoff: "Damals gab es hier fast keine Bebauung, aber schon den Wald, die kurvenreiche Straße, zahlreiche Wanderwege." Das erinnerte Wilsmeyer und seine Gäste wohl ans Land der Eidgenossen.
Weil mit alkoholfreien Getränken jedoch nicht genug zu verdienen war, verkaufte Wilmsmeyer 1910 das Anwesen an Eberhard Wiehoff. Der gelernte Maler und Glaser aus Ahlen besaß in Elberfeld ein Malergeschäft. Er legte als erstes den Garten neu an, erweiterte den Bruchsteinbau 1911 um ein Fachwerkobergeschoss und ein Jahr später um den ersten kleinen Saalanbau.
1923 gründete sich dort der Schützenverein "Kleine Schweiz", der anfangs auch seinen Schießstand neben der Gaststätte hatte. Noch heute feiern die Schützen den Krönungsball an ihrer Geburtsstätte. Erst 1924 erhielt Wiehoff nach vielen Anträgen die Konzession zum Ausschank alkoholischer Getränke.
1930 übernahm Eberhard junior mit seiner Frau Hubertine das Ruder. Sie bauten das beliebte Gasthaus kontinuierlich aus, unter anderem 1933 mit dem zweiten Saalanbau und einer Kegelbahn. Eine feste Einrichtung waren die Frühkonzerte der Nevigeser Stadtkapelle jeweils am Oster- und Pfingstmontag schon um 8 Uhr morgens, die zahlreiche Gäste aus allen Ortsteilen Velberts und Wülfraths anzogen.
Als der Gastwirt 1959 überraschend starb, führte Sohn Klaus, selbst noch in der Kochausbildung, die "Kleine Schweiz" mit seiner Mutter weiter. Unterstützung erhielt er durch seine Frau Rosemarie, die er kurz nach der Übernahme des Gasthauses kennengelernt hatte.
Sohn Frank hatte hingegen mehr Zeit, sich vorzubereiten: Nach der Lehre in einem der besten Restaurants Düsseldorfs sammelte der 46-Jährige Erfahrungen im St. Moritz (Schweiz) und Nürnberg, kochte außerdem während der Bundeswehrzeit im Lübecker Offiziersheim und legte 1988 die Prüfung zum Küchenmeister ab.
Mit Ehefrau Dörte übernahm Frank Wiehoff 1993 die Gesamtverantwortung in der "Kleinen Schweiz": Aus dem Kotten mit Stallung ist in 100 Jahren erst ein Ausflugslokal mit großen Sälen und nun ein Restaurant mit Gesellschaftsräumen geworden, das gerne für Familienfeiern aller Art genutzt wird.
Gekocht wird in handwerklicher Tradition, auf Soßen oder Suppen aus Tüten werde gänzlich verzichtet, sagt Frank Wiehoff, der unter anderem drei Köche und vier Auszubildende beschäftigt.
Ehefrau Dörte, eine gelernte Hotelfachfrau, kümmert sich um den Service. Wie ihre Vorgänger wohnt das Paar mit Tochter Annika und Sohn Jonas auch im Haus. Und mit dem 18-Jährigen, der zur Zeit bei "Stemberg" die Koch-Ausbildung macht, sind auch die Weichen für die fünfte Generation gestellt.