Wülfrath: Abenteuerluft im Fernen Osten
Reiselust: Acht Monate lang tourten Jan Eric Sonnenschein und Justus Winkelmann mit dem Rucksack durch Asien.
Wülfrath. Sie haben gegrillte Skorpione gegessen, fast ausgebrütete Küken und hatten mit Schlangen und Moskitos zu kämpfen. Nein, das Dschungelcamp geht nicht in die nächste Runde. Aber für Justus Winkelmann (20) und Jan Eric Sonnenschein (21) hieß es für acht Monate "Zàijiàn Wülfrath" - "Auf Wiedersehen Wülfrath".
Nur mit einem Rucksack ausgestattet, hatten sich die Abiturienten aufgemacht, ihre Asienreise anzutreten. Sie wollten nach 13 Jahren Schule etwas erleben, Abenteuerluft schnuppern. Voller Erwartungen, Hoffnungen und Spannung verließen sie das kleine Wülfrath und kamen in eine Welt, die so ganz anders war, als die, die sie kannten.
Ihre Stationen waren Japan, Südkorea und ganz China: Shanghai, Peking, Xian, Hongkong und Macao. Auch Vietnam und Kambodscha durchreisten die beiden bis Thailand. In Shanghai machten sie ein dreimonatiges Praktikum bei einem Chemiekonzern. Sie sahen die Große Mauer, die Terrakotta-Armee, gingen tauchen und mischten sich in das östliche Nachtleben.
Auch nach einem Monat Eingewöhnungszeit zu Hause, wissen Jan und Justus nicht, wo sie beginnen sollen. "Es war einfach so unheimlich viel - und alles war besonders." Noch sind sie von den Eindrücken erschlagen. "Die Chinesische Mauer, auf der wir zehn Kilometer gewandert sind - das war toll", sagt Jan.
Doch am meisten waren sie von der fremden Kultur fasziniert, den Menschen, denen sie auf ihrer Reise begegnet sind. "Die Chinesen sind sich alle ziemlich ähnlich, die hinterfragen das System gar nicht." Über Gastfreundschaft konnten sich Jan und Justus aber nicht beklagen. "Wir haben immer versucht, besonders freundlich zu sein und manierlich zu essen.
Hinterher erfuhren wir, dass aber genau das steif und unhöflich wirkte." Knochen und Zigarettenstummel seien einfach auf den Boden geworfen worden, das Essen schnell in sich hineingestopft. Daran mussten sich die Rucksacktouristen aus Deutschland erst mal gewöhnen.
Auch die Mahlzeiten waren für den europäischen Gaumen gewöhnungsbedürftig. "Einer Schlange wurde bei lebendigem Leib das Herz herausgeschnitten, und wir haben es dann geschlürft", erzählen sie. Insekten am Spieß und kaum geschlüpfte Küken standen ebenfalls auf der Speisekarte. "Also, das Hühnchen fand ich schon echt ekelig. Der Schnabel war so hart, den musste ich ausspucken", sagt Jan.
Das Duo reiste fast durch ganz Asien, wollte sich nichts entgehen lassen, wechselte jeden dritten Tag das Bett und lebte aus dem Rucksack. "Manchmal war es ganz schön dreckig, dann aber wieder überraschend schön." Einmal übernachteten sie auch unter freiem Himmel. "Oh je, war das kalt. Aber der Himmel war sternenklar", erzählt Jan.
Als die größten Unsicherheiten überwunden waren, das Land und seine Bewohner vertrauter wurden, trennten sich die beiden. Jetzt wollte jeder auf eigene Faust klarkommen. "Man konnte ganz für sich sein oder auch mit anderen herumreisen, wie es einem lieb war. Doch auch allein war’s schön. Man hat viel über sich selbst gelernt", sagt Justus.
Drei Monate lagen noch vor ihm, als Justus das Dengue-Fieber bekam. Beim ersten Mal noch relativ harmlos, kann es bei einer wiederholten Ansteckung tödlich sein. Über 40 Grad Fieber, ganz auf sich allein gestellt, die Krankenhäuser viel zu teuer. Justus musste heim, ist inzwischen wieder gesund. Jan blieb noch ein bisschen, bis sich die beiden in Wülfrath wiedersahen.
Ein wenig Sehnsucht schwingt bei ihren Erzählungen über das wundersam schöne Asien mit. Aber auch hier gibt es eindeutig Vorteile - finden sie: "Das Leben bei uns ist einfach angenehmer. Man muss sich nicht jeden Tag über seine Grundbedürfnisse Sorgen machen wie Hitze, Hunger oder Übernachtungsmöglichkeiten. Hier fühlt man sich einfach zu Hause", sind sich Justus und Jan einig. Na dann: "Huanyíng!"- "Willkommen zurück."