Wülfrath: Der Tag, als das Wasser kam
Am 26. Juli 2008 wurde Wülfrath überschwemmt. Bei vielen Betroffenen ist die Angst geblieben.
Wülfrath. Am 26. Juli jährt sich der Tag, an dem halb Wülfrath in einer Sintflut zu versinken drohte. Denn an jenem Samstagnachmittag brach ein Gewittersturm los, wie es ihn selbst die alten Wülfrather noch nicht erlebt hatten. Am stärksten betroffen waren Schlupkothen, Koxhof und Aprath. "Land unter" hieß es damals, als die beschauliche Düssel zu einem bis zu 40 Meter breiten Fluss anschwoll.
Von Feldern, Auen und Gärten war um vier Uhr nachmittags nichts mehr zu erkennen. Gleich einem Wasserfall stürzten die Massen von den Hängen, und durch den Tunnel am Aprather Weg wälzte sich eine richtige Flutwelle. "Das ist die Hölle", beschrieb es Stadtbrandmeister René Rahner. Der Schaden in Wald und Flur und vor allem in und an den Häusern ging in die Millionen, denn auch weite Teile Velberts waren im wahrsten Sinne des Wortes abgesoffen.
Fast genau ein Jahr danach, ist von den Folgen dieser Unwetterkatastrophe zumindest äußerlich nichts mehr zu sehen. Das Leben in Schlupkothen, Koxhof und Aprath geht wieder seinen gewohnten Lauf. Aber was passiert, wenn es wieder so weit kommt? Angesichts der anhaltenden Wetterkapriolen kein Ding der Unmöglichkeit.
"Wir haben die Sandsäcke, die wir damals vom Bauhof bekommen haben, vorsichtshalber behalten", sagt Olaf Hornscheidt vom Koxhof 3a. "Die Angst ist nach wie vor da. Wenn’s heute länger und stark regnet, geht der Blick sofort nach draußen. Wie sieht die Straße aus? Wie im Wäldchen über uns?" Von "oben" war nämlich im Vorjahr ein richtiger Wasserfall über den Garten in den Keller der Hornscheidts geschossen.
"Mittlerweile haben wir im Keller zwar neue Türen, aber gestrichen ist noch nichts", sagt Olaf Hornscheidt. "Wir wussten leider nicht, dass es auch für den Hausrat eine Elementarversicherung gibt. Fürs Haus haben wir eine . . ."
Stets griffbereit liegen die Sandsäcke auch bei Hornscheidts Nachbarn, den Simons vom Koxhof 3. "Ich bin schon einigermaßen traumatisiert", sagt Christa Simon. "Gerade jetzt im Sommer hören wir den Wetterbericht besonders genau. Wenn’s dann zu gewittern beginnt, wird einem manchmal mulmig."
Ihren damals überfluteten Keller hat die Familie inzwischen bis unter die Decke gefliest, obendrein gibt es im Hause Simon seit dem "TagX" sowohl eine Wasserpumpe als auch einen Wassersauger. "Die haben wir im Baumarkt gekauft", sagt Christa Simon, und ihr Mann Dieter ergänzt: "Wenn es wieder solche Ausmaße annimmt, kannst du eh nichts machen. Außer dir selbst zu helfen."
Mit einer "gewissen Sorge" betrachtet auch Hans-Bernd Schumacher, der Geschäftsführer des Bergisch-Rheinischen Wasserverbandes (BRW), die zunehmenden Wetterkapriolen. "Zwar gibt es im Jahresdurchschnitt nicht mehr Regen als sonst.
Aber die lokalen Extremniederschläge häufen sich doch sehr." Als Folge des extremen Unwetters vor einem Jahr haben die BRW ihren Notfallplan überarbeitet. Dazu gehört, dass die Teilabschnitte, wo Gewässer verrohrt sind, noch intensiver kontrolliert werden. "Die Rechen, die an den Rohreingängen den Unrat heraussieben, werden angefahren, sobald entsprechenden Wettermeldungen rausgehen. Besonders gefährdete Stellen fahren wir jetzt auch bei normalen Wetterlagen ab."
Das Problem sei wie so oft die Personaldecke. "Wir können im Extremfall nicht mit 20 Leuten an 100 solcher Stellen zugleich sein", so Schumacher.
Das Hauptaugenmerk legt der Wasserverband indes auf die naturnahe Wiederherstellung selbst von kleineren Gewässern. "Wir brauchen mehr natürliche Rückhalteräume", sagt der BRW-Geschäftsführer.