Wülfrath: Drei Tage Politik zum Anfassen
Für zehn Teenager aus dem Jugendhaus ging es zum Kurztrip in die Hauptstadt.
Wülfrath. Null Bock? Politikverdrossenheit? Keine Perspektive? Im städtischen Jugendhaus an der Schulstraße schütteln sie verständnislos den Kopf. "Blöde Fragen", kommt die Antwort. "Sie" - das sind die Ehrenamtler, die täglich mit anpacken.
Zehn Leute im Alter zwischen 14 und 20 umfasst der "harte Kern", der Jugendhauschefin Simone Feldmann und ihrem Team zur Hand geht. "Sie arbeiten hinter der Theke, sehen nach dem Rechten, sind bei der Organisation von Festen im Boot und helfen uns abends beim Aufräumen", zählt Simone Feldmann auf.
Aber vor allem die Politik ist es, die die Teenager interessiert. So etwa hat der 19-jährige Harun Bakirci als Vertreter des Jugendhauses einen festen Platz im Jugendhilfeausschuss - zwar "nur" in beratender Funktion, aber immerhin. "Auf diese Weise sind wir mittendrin im politischen Geschehen, erfahren alles aus erster Hand und können sogar mitbestimmen", ist der gebürtige Türke begeistert.
Kopfnicken erntet er von den anderen Neun, die sich allesamt - jeder auf seine Weise - ins Jugendhaus-Leben einbringen. "Ich war schon als Kind jeden Tag hier", sagt Kevin Brüning (17). "Ich kann es mir ohne nicht mehr vorstellen. Außerdem hat mir die Einrichtung so viel gegeben."
Mit einem besonderen Bonbon - finanziert vom Jugendhaus, der SPD-Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese und aus der eigenen Tasche - wartete jetzt Simone Feldmann auf: einer dreitägigen Reise nach Berlin. Zwar sollte der Spaß nicht zu kurz kommen, aber in erster Linie ging es um den bildungspolitischen Aspekt.
Der Reichstag, das Brandenburger Tor, Reste der Mauer, Potsdam, Kreuzberg mit seinen Problemecken - die elfköpfige Reisegruppe nahm die Hauptstadt genau unter die Lupe.
Besonders beeindruckend: der Besuch des ehemaligen Stasi-Gefängnisses in Hohenschönhausen. Mit dem Schriftsteller Peter Wulkan ("Noch nicht und doch schon") hatten sie einen Begleiter, der einst selbst dort einsaß. "Es war faszinierend und bewegend, ihm zuzuhören", erklärt Harun Bakirci. "Zumal sich unsere Generation all das heute gar nicht mehr vorstellen kann. Unglaublich, welche Zivilcourage die Leute damals aufbrachten."
Für die Wülfrather, die auch den Tag der Einheit live am Brandenburger Tor erlebten und bis in den Morgen hinein mitfeierten, war es ein kurzer, aber intensiver Trip. "Willst du die deutsche Geschichte verstehen, musst du in Berlin gewesen sein", lautet ihr Fazit.