Wülfrath: Ein echtes Kartoffelmärchen
Mustafa Kurt entthront König Horst Dahlmann. Die Innenstadt platzte aus allen Nähten.
Wülfrath. "Im nächsten Jahr hol ich mir meinen Titel wieder", so die Kampfansage des abberufenen Kartoffelkönigs Horst Dahlmann. Bei goldenem Herbstwetter wird das Kartoffelmärchen in diesem Jahr für einen anderen Wirklichkeit. Mustafa Kurt von der CDU kann sich die Krone aufsetzen lassen. Alles in allem lässt sich das 22. Kartoffelfest mit den Worten von Gudrun Gerstacker zusammenfassen: "Einfach nur schön!"
Ein neues Team an der Waage: Landwirt Bernd Kneer und Torsten Frisch (Landjugend) laden die Kartoffelsäcke auf. Vom Gehöft Ellsiepen stammen die Belana-Erdäpfel, "vorwiegend festkochend", wie Kneer die Kartoffel charakterisiert. Auf der anderen Seite der Waage kauern Dieter Brocks und Gattin Marlies auf den Sitzen.
Und nicht nur weil sein Bundesliga-Verein Schalke 04 gegen Köln verloren hat, ist dem gewichtigen Vorsitzenden des Schalke-Fanclubs nicht nach Lachen zu Mute. "Ganz schön wackelig", merkt er skeptisch an. Vereinskollege Uwe Baxmeyer stärkt ihm den Rücken und nutzt die Wiege-Gaudi, Werbung für das 20-jährige Fanclub-Jubiläum im kommenden Jahr zu machen: "Dann feiern wir zusammen mit Wülfrath pro auf der Gourmetmeile."
Mit Argusaugen verfolgt Peter Böhme das Geschehen. Er wirkt an der Tafel in der Ellenbeek mit. Und die darf sich über die Kartoffeln freuen, mit denen die Brocks’ aufgewogen werden. Böhme berichtet, wie gut die Tafel diese Spende brauchen kann. "Wir haben jeden Montag 60 Kunden. Und es werden immer mehr." Mehr Kartoffeln werden es auch auf der Waage. Mit leichtem Druck und Zusatzgewicht gehen Dieter und Marlies Brocks erst bei 275 Kilogramm in die Lüfte. Ein Hochgefühl, das durch ein Ständchen "Blau und weiß, wie lieb ich d+ich", dem Vereinslied der Schalker, noch verstärkt wird.
Freude auch bei der Initiative "Wülfrather Kinder in Not": Die Friseure Cortese (Fußgängerzone) und Bino (Goethestraße) ließen die Scheren mit ihren Mitarbeiterinnen fliegen. Und jeder Kunde zahlt den Preis, der ihm diese Dienstleistung wert ist. Stadtsportbund-Vorsitzender Jochen Rusche ließ sich ebenso auf der Bühne "schau-frisieren" wie CDU-Bürgermeister-Kandidat Thomas Görtz. Am Ende kann Wolfgang Peetz von der Initiative 165 Euro für Wülfrather Kinder in Not mitnehmen. "Wirklich: Jeder Cent hilft weiter. Herzlichen Dank."
Sparschäler oder doch lieber Küchenmesser - das ist beim Wettkampf um den Titel des Kartoffelkönigs die Frage. Und es gibt Überraschungen. Horst Dahlmann, der im Einzelwettbewerb aus Mangel an Trainingseinheiten - er war zehn Wochen in Kur - sein Zepter abgeben muss, kann zumindest im SPD-Team überzeugen. Gemeinsam mit Tabea van Hueth und Manfred Hoffmann holt er sich mit 5740 Gramm den Sieg. Der zweite Platz geht an Wülfrath pro (4715 Gramm) vor der Mannschaft der CDU (4375 Gramm).
Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff schickt an diesem lichtdurchfluteten Sonntag gleich zwei Herrenmannschaften aus dem Rathaus ins Rennen. "Wir haben noch eine Teambesprechung gehabt, und ich habe gesagt, dass auch eckige Kartoffeln zählen", beschreibt die Bürgermeisterin ihr Trainingslager, das den erhofften Erfolg nicht bringt.
Ganz im Gegenteil zum neuen Kartoffelkönig Mustafa Kurt: Mit der Mannschaft Rang 3 und als Solist ganz oben - mit 2210 Gramm Geschältem. Auf dem zweiten Platz landet der Wuppertaler Hans Edelmeier (2205 Gramm). Der mit 76 Jahren älteste Teilnehmer am Wettbewerb profitierte von seiner langjährigen Erfahrung: "Ich schäle schon seit 70 Jahren."
Zeitgleich schieben sich Tausende durch die verkaufsoffene Fußgängerzone. Die Händler sind begeistert (Bericht folgt).