Wülfrath: Eine Lesung mit Sauerbraten
In der „Kugel“ rezitiert Max Erben aus „Herr Lehmann“. Der Rezitator und Germanist aus Köln verpasst dem Roman eine ganz eigene Note.
Wülfrath. "Herr Lehmann hatte kein gutes Gefühl dabei", klingt die kratzige Stimme deutlich durch den Raum. Das Publikum schmunzelt und lacht über den lethargischen Kellner aus dem gleichnamigen Roman von Sven Regener. Am Dienstagabend lud die Wülfrather Medienwelt im Rahmen der Neanderland-Biennale in die Gaststätte "Zur goldenen Kugel".
"Ein Arbeitskreis der Biennale hat uns eine Vorauswahl zukommen lassen und ich habe mich für das Buch "Herr Lehmann" entschieden", sagt Monika Altena. Die Stimme, die die komischen Alltagssituationen aus Berlin zur Zeit der Wende atmosphärisch umsetzt, gehört Max Erben.
Der Rezitator und Germanist aus Köln verpasst dem Roman eine ganz eigene Note. "Die Mutter des Herrn Lehmann kommt aus Bremen, also spricht sie mit norddeutschem Dialekt", erläutert Erben, der sich die regionale Aussprache direkt in sein Exemplar notiert hat.
Zur Lesung gibt es heute Schweinebraten - und das hat einen guten Grund. "Es ist das Lieblingsessen des Hauptcharakters, das im Buch auch häufig vorkommt", sagt Bücherei-Leiterin Monika Altena zur Einleitung. Durch einen verbalen Schlagabtausch über Schweinebraten - mit oder ohne Kruste - lernt Herr Lehmann zum Beispiel seine Liebe Katrin kennen.
Auch die Idee, die Lesung in einer klassischen Kneipe umzusetzen, kommt von ihr und ist an den Beruf des Protagonisten angelehnt. Ironisch, locker, aber auch unverblümt lässt Autor Sven Regener seinen Alltagshelden teilweise skurrile Situationen durchleben.
So wird er in Damenbegleitung zum Beispiel aus einer Schwulenkneipe geworfen und liefert sich einen blutigen Kampf mit dem Geschäftsführer oder muss sich mit einem aggressiven Hund herumschlagen.
"Ich habe selbst in Berlin gelebt aber so eine deftige Sprache gab es da damals nicht", sagt Edeltraud Gessner und meint die typische Wortwahl des Buches, bei der "Klugscheißer" noch am harmlosesten ist. "Die Lesung hat mir aber gut gefallen, der Rezitator hat seine Sache gut gemacht."
Das Werk richte sich an jüngere Leser, vermutet auch Dirk Kastaun, dem die Ausdrücke weniger auf den Magen geschlagen sind. Dem Rezitator gefällt vor allem die Alltagskomik des Romans. "Das Buch ist wie das normale Leben, nur witziger", sagt Erben, der mehrere Auszüge präsentiert. Danach gibt’s erwähnten Schweinebraten - ohne Kruste.