Wülfrath: Es geht weiter abwärts

Der Haushalt 2010 und das neue Sicherungskonzept wurden am Dienstag dem Rat vorgelegt.

Wülfrath. "Stellen Sie sich einfach vor, dass das Konto mit mehr als einem Jahresgehalt überzogen ist. Dann wissen Sie, wie nötig das Sparen ist." Rainer Ritsche, den der Kreis Wülfrath als Kämmerer übergangsweise ausgeliehen hat, umschreibt das Kernproblem des städtischen Etats: Den 38,5 Millionen Einnahmen stehen 2010 vermutlich Ausgaben in Höhe von 48 Millionen gegenüber. Dabei ist der Dispo schon mit mehr als 40 Millionen Euro in Anspruch genommen.

Am Dienstag brachten Ritsche und Bürgermeisterin Claudia Panke den Haushaltsplanentwurf 2010 in den Rat der Stadt ein. Optimistisch stimmende Nachrichten hatten sie nicht dabei. So weist der Gesamtergebnisplan für dieses Jahr ein Defizit von 12,15 Millionen Euro aus. Laut Finanzplanung sinkt das Minus - ohne Maßnahmen eines neuen Haushaltssicherungskonzepts - bis 2013 auf 5,2 Millionen Euro. Eine Lücke, die auch das neue HaushaltssicherungskonzeptV, das seit Dienstag ebenfalls in der Diskussion ist, nicht decken wird. "Wülfrath fällt somit unters Nothaushaltsrecht", so Panke.

Rainer Ritsche machte klar, dass er "in ein laufendes Verfahren in die Etataufstellung eingestiegen" ist. Der Grundstock des Entwurf stamme vom erkrankten Kämmerer Stephan Hölterscheidt. Er sehe sich in seiner abgeordneten Funktion als Beraterin der Bürgermeisterin. Und so war es ihr am Dienstag vorbehalten, das Zahlenwerk zu erläutern.

Panke stimmte den Rat auf noch schwerer werdende Zeiten ein. Sie skizzierte eher einen anhaltenden Abwärtstrend als einen Aufschwung, in dem wieder Steuereinnahmen sprudeln. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. So sinken die Gewerbesteuereinnahmen im Vergleich zu 2009 um 37,5 Prozent auf 7,5 Millionen Euro. Um 9,5 Prozent werden vermutlich die Erträge aus der Einkommenssteuer sinken. Außerdem rechnet die Stadt mit einer geringeren Überweisung von den Stadtwerken (minus 200 000 Euro).

Bürgermeisterin Claudia Panke

Einnahmen aus den Zinssicherungsgeschäften gibt es in diesem Jahr auch nicht. Im Gegenteil. "Es muss eine Versicherungsprämie gezahlt werden, um die Zinsen für 20 Millionen Euro Kredite zu sichern", so Ritsche. Das habe mit den historisch niedrigen Zinssätzen zu tun. Das sei im Moment beklagenswert, bringe aber Planungssicherheit. Daher rate er auch dazu, Zinssicherungsgeschäfte für die restlichen 23 Millionen Euro Liquiditätskredite zu vereinbaren. In der Zinsentwicklung sehen er und Panke ein großes Risiko, "von nicht erkennbarem Ausmaß". Auch daher stehe man in engem Kontakt zu den Kreditinstituten.

Hallenbad, Bücherei, Museum, Zuschüsse an Vereine - die Tabelle, die überhaupt mögliche Einsparmöglichkeiten aufzeigt, birgt für die Aufstellung des fünften Haushaltssicherungskonzeptes (Hausiko) Sprengstoff. "Die Hausiko-Aufstellung ist ausschließlich Sache des Rates. Daher macht die Verwaltung keine Vorschläge", so Panke. Die Liste ermögliche die nötige Grundsatzdiskussion, "die nicht in der Verwaltung, sondern im Rat geführt werden muss".

Die Politik könne nicht aus der Pflicht genommen werden. Angesichts des Defizits, "sind wir an einem Punkt angekommen, an dem es unpopuläre Entscheidungen geben muss und wird". Auch Ritsche bekräftigte, das Sparen dürfe nicht herausgezögert werden: "Es wäre fatal, auf Hilfe von außen zu warten. Woher soll das Geld bei Land oder Bund denn kommen?"

Panke kündigte an, dass die Bürger im Internet die Sparvorschläge verfolgen und eigene Positionen dazu mailen können. "Der Bürger würde es nicht verstehen, wenn die Politik jetzt nichts unternimmt", so Ritsche. Die Alternative sei klar: Fehle es der Politik an Verantwortungsbereitschaft, müsse die Kommunalaufsicht einen Sparkommissar bestimmen. Dann muss die Politik nichts mehr entscheiden.