„Wir sollten mit Kindern beim Thema Tod ehrlich sein“
Sterben und Abschied erleben auch Kinder. Wir fragten zu Allerheiligen eine Expertin, wie Eltern helfen können.
Kreis Mettmann/ Hilden. Dass Lebewesen sterben müssen, erfahren Kinder und Jugendliche schon, wenn es um Haustiere geht. Manche verlieren zudem früh die Großeltern. Wie Kinder eine Grundlage für ihre Beziehung zum Tod gewinnen können, fragten wir Christa Cholewinski (55), Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Hilden. Sie ist Trauerbegleiterin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Können Kinder verstehen, was Sterben heißt?
Christa Cholewinski: Dazu gehört schon, wenn man bei einem Spaziergang einen Vogel tot in einem Gebüsch findet. Oder man sieht den geliebten Wellensittich tot im Käfig. Das Kind versteht sehr viel, vor allem fühlt es viel.
Sollte man Kinder mitnehmen, wenn ein sterbenskrankes Meerschweinchen zum Tierarzt muss?
Cholewinski: Das hängt vom Einzelfall ab und auch vom Alter. Man sollte die Trauer der Kinder ernst nehmen, über das Tier sprechen und es noch mal anfassen lassen. Wenn das Kind es will, sollte es mitgehen. Viele Eltern wollen ihre Kinder schützen, aber die müssen begreifen können, was vor sich geht. Gerade das Thema Einschläfern ist schwierig. Oft fragen Kinder dann, was mit kranken Menschen ist.
Wie kann man erklären, was nach dem Tod mit Menschen los ist?
Cholewinski: Kinder unter fünf Jahren haben große Schwierigkeiten, die Endgültigkeit des Todes zu begreifen. Den Tod sollte man einem Kind möglichst einfach erklären: Der Opa atmet nicht mehr, er isst und trinkt nicht mehr, er fühlt sich kälter an als früher. Vermeiden sollte man Umschreibungen wie ,der Opa schläft’. Damit schürt man Ängste: Wenn ich einschlafe, bin ich dann auf einmal weg?
Wie sollte man antworten, wenn Kinder nach dem Himmel fragen?
Cholewinski: Wir dürfen sagen, dass wir etwas nicht wissen. Dabei bleiben wir glaubwürdig. Ich weiß nicht, was der Himmel ist und frage in solchen Situationen zurück: ,Was glaubst Du denn, was das ist?’ Ein Kind hat mal gesagt: ,Alles im Himmel ist grün.’ In der Trauerbegleitung darf man Gegenfragen stellen.
Wie kann man Kinder auf den Tod eines Verwandten vorbereiten?
Cholewinski: Man sollte Kinder so gut wie möglich einbinden, schon in der Krankheitsphase. Dann kann man sagen: ,Dem Opa geht es schlecht’, auch wenn man die Krankheit vielleicht nicht im Einzelnen erklären kann. Man kann auch bewusst Zeit mit dem Opa einrichten, zum Beispiel kann das Kind ihm mal vorlesen.
Sind Beerdigungen für Kinder geeignet?
Cholewinski: Man sollte Kinder ermutigen und dabei begleiten. Wenn der Tote aufgebahrt ist, ist es in Ordnung, erst mal nur bis zur Tür zu gehen. Man kann dem Toten auch ein Kuscheltier mitgeben oder ein Bild. Ich habe den Sarg eines Jugendlichen gesehen, der war mit Fortuna-Aufklebern dekoriert. Da hatte eine ganze Schulklasse Abschied genommen. Wichtig bei Urnenbestattungen ist, die Kinder aufzuklären. Sonst fragen die, wie der Opa in die Urne passt. Das kann ihnen Angst machen.
Ist die Frage ,Warum?’ wichtig für Kinder?
Cholewinski: Mit zunehmendem Alter wird das ,Warum?’ für Kinder und Jugendliche immer wichtiger. Wenn man diese Frage nicht beantworten kann, gilt wieder: Man sollte das offen sagen. Wir sollten mit Kindern möglichst ehrlich sein beim Thema Tod.