200 Menschen beteiligen sich an Gegen-Demo
Die Teilnehmer gingen für Freiheit und Solidarität und gegen Gewalt und Hetze auf die Straße.
Viersen. Die Gegenbewegung war fünfmal besser besucht als die eigentliche Demonstration: Rund 200 Menschen zogen am Samstagmittag in der Viersener Innenstadt vom Gereonsplatz zum Remigiusplatz, um gegen Gewalt zu protestieren. Zeitgleich hatten sich knapp 40 AfD-Anhänger auf dem Sparkassenvorplatz versammelt. Grund für beide Kundgebungen war der Mord an der 15-jährigen Iulia am 11. Juni im Casinogarten.
Als die Gegen-Demo über die Hauptstraße am Sparkassenvorplatz vorbeizog, wurde es für wenige Minuten hitzig. Die Polizei musste eine Handvoll Autonomer davon abhalten, sich dem AfD-Stand zu nähern. Die Beamten hatten mit Fahrzeugen eine Sperre aufgebaut, um die beiden Gruppen zu trennen. So blieb es bei lautstarken Protestrufen, aber es kam zu keiner Eskalation.
„Alles ist friedlich verlaufen“, meldete gegen 13 Uhr Polizeisprecherin Antje Heymanns. „Ich hatte schon Herzklopfen, als die Autonomen am Sparkassenvorplatz nicht mit uns über Bahnhofstraße und Königsallee weitermarschierten, sondern zur AfD wollten“, berichtete Versammlungsleiter Guido Geuenich. Er hatte mit Oliver Wasseige und dem Viersener Juso-Vorsitzenden Steffen Hahn kurzfristig zu der Gegen-Demo aufgerufen.
In den Augen der AfD-Gegner kam die Kundgebung auf dem Sparkassenvorplatz dem Ansinnen gleich, das Gewaltverbrechen für rechte Parolen populistisch zu instrumentalisieren. „Das war keine Demonstration gegen die AfD, sondern für Freiheit und Solidarität sowie gegen den machtpolitischen Missbrauch einer grausamen Bluttat in Viersen“, sagte Steffen Hahn. Eine Botschaft, die mit Blick auf die hohe Teilnehmerzahl in der Bevölkerung ankam.
Der Gegen-Demo angeschlossen hatte sich auch Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) sowie Lokalpolitiker quer durch alle Fraktionsbänke. „Auch wenn ich in den sozialen Netzwerken als Gutmensch beschimpft werde: Mir ist wichtig, heute Flagge zu zeigen gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit in jeglicher Form“, sagte die Bürgermeisterin bei der Abschlusskundgebung auf dem Remigiusplatz. Beifallsbekundungen auf breiter Front gab es für diese Worte.
Der Demo unter dem Motto „Herz statt Hetze — Aufstehen für Menschenwürde“ hatten sich nicht nur politisch motivierte Gruppen angeschlossen, sondern auch viele Bürger aus Viersen und Umgebung. „Uns ist es ein Anliegen, hier für ein friedliches Zusammenleben einzutreten“, sagte Peter Croonenbroeck, der mit seiner Frau Marianne aus Kempen nach Viersen gekommen war. Der Zuruf kam vom Grefrather Markus Türk, mit dem Croonenbroeck in einer Band spielt. Türk hatte alle Mitglieder der Combo eingeladen, in Viersen mitzudemonstrieren.
Über derartige Mund-zu-Mund-Propaganda setzte sich somit ein großer Zug mit Transparenten, Flugblättern und Verstärkeranlagen zur besten Einkaufszeit in Bewegung. Die Polizei hatte den Verkehr in der Viersener Innenstadt so kanalisiert, dass es nicht zum Chaos kam. Eingestimmt auf „Herz statt Hetze“ hatte die Gegen-Demonstranten am Gereonsplatz Pfarrer Mischa Czarnecki von der evangelischen Gemeinde Dülken, der Martin Luther King zitierte und dem „Traum eines friedlichen Miteinanders“ Hoffnung verlieh. akü