Jazzmusiker Ali Haurand (74) aus Viersen ist tot
Ali Haurand zählte zu den bekanntesten Jazzmusikern weltweit. Auf seine Initiative fand 1969 in Viersen das erste Jazzfestival statt. Am Montag verstarb er.
Viersen. Ganz in Schwarz gekleidet und mit einer Stofftasche in der Hand: So kannten viele Viersener Ali Haurand. Wenn er nicht irgendwo auf der Welt ein Konzert gab, erledigte er die täglichen Einkäufe in seiner Heimatstadt zu Fuß und mit Jutebeutel — „der Umwelt zuliebe“. Den Mann in Schwarz wird man nie wieder in der Fußgängerzone sehen: Am Montag verstarb Ali Haurand im Alter von 74 Jahren.
Dass er einmal ein gefragter Musiker werden würde, wurde Alfred Josef Antonius Haurand nicht in die Wiege gelegt. Zwar war er früh Stammgast im Jazzclub „Zwiebel“ in Dülken, doch seine Mutter wünschte sich, dass der Sohn „etwas Ordentliches“ lernen sollte. Haurand ging also zunächst ins Hotelfach. Auf sein Talent wurde die Musikszene eher zufällig aufmerksam: 1965 griff der damals 21-Jährige beim Kneipenbummel in Düsseldorf aus Spaß zum Bass — und wurde prompt von Zuhörern gefragt, an welcher Hochschule er denn studieren würde.
Diese Frage bestimmte Haurands weiteren Lebensweg. Von 1966 bis 1973 studierte er an der Folkwang-Hochschule Essen und an der Rheinischen Musikhochschule. Schon während des Studiums gab er die ersten Konzerte, trat in Belgien, Frankreich, Spanien und der Tschechoslowakei auf. Doch wo immer er im Laufe der Jahre auf der Welt Konzerte geben sollte: Seine Heimatstadt Viersen vergaß Haurand nie. Ab 1967 fanden unter seiner Leitung im Keller der Festhalle Konzerte im VHS-Jazzclub statt. Aus dem Jazzclub entwickelte sich 1992 der Viersener Jazz Circle — ebenfalls unter Haurands Leitung. Bis heute veranstaltet der Jazz Circle Jazz-Konzerte — allerdings nicht mehr im Keller der Festhalle, sondern im Weberhaus in Süchteln.
1976 gründete Haurand mit Michel Portal und Bob Jones das European Jazz Quintet, das ein Jahr später in der Besetzung mit Leszek Zadlo, Pierre Courbois, Gerd Dudek und Alan Skidmore mit „Live At Moers“ debütierte. Aus dem Quintet ging das European Jazz Ensemble hervor — ein Musiker-Pool, dem 50 Musiker aus 16 Ländern angehörten, die in wechselnden Besetzungen in rund 60 Ländern der Welt spielten. Das zehnjährige Bestehen des European Jazz Ensembles 1986 war für Haurand auch der Anlass, bei der Redaktion Jazz beim WDR „anzuklopfen“ , die daraufhin Aufnahmen und eine finanzielle Beteiligung zusagte. Der Kulturausschuss der Stadt Viersen sagte ebenfalls Unterstützung zu, und 1987 fand das erste internationale Jazzfestival in Viersen statt.
Fast drei Jahrzehnte blieb Haurand künstlerischer Leiter des Jazzfestivals. Immer wieder wurde im Laufe der Jahre über die Finanzierung diskutiert. Viele Stars kamen im Laufe der Zeit zum Festival in die Festhalle — unter ihnen Marla Glen, Chick Chorea und Nils Landgren. Und was viele Jazz-Fans nicht wissen: Haurand war auch ein begeisterter Hobbykoch. Für Musiker, die beim Viersener Jazzfestival auftraten, bereiteten Haurand und seine Ehefrau Doris traditionell daheim Gulasch zu.
So sehr um das Fortbestehen des Jazzfestivals gestritten wurde, so sehr war die Stadt auch dankbar dafür, dass Haurand durch seine Kontakte bekannte Musiker nach Viersen holte. 2011 erhielt er die Stadtplakette in Silber. 2016 wurde der Keller der Festhalle, in dem alles begann, zum Ali-Haurand-Keller ernannt. Während des Festivals, das in diesem Jahr vom 21. bis 23. September stattfindet, wird der Keller zur Bühne 3. Längst herrscht dort Rauchverbot — weshalb Jazzfans Haurand oft im Innenhof trafen, wo er von Konzertreisen erzählte. Die Roth-Händle in der Hand, konnte Haurand erzählen wie kein Zweiter. Er wird fehlen.