Grefrath 94 Draftex-Mitarbeiter müssen gehen

Die aktuelle Auftragslage ist nicht gut. Hoffnung setzt man auf das vierte Quartal 2018.

Foto: Reimann

Grefrath. Die Belegschaft der Firma Draftex Automotive GmbH kommt nicht zur Ruhe. Nach 77 Entlassungen im Vorjahr startet auch das Jahr 2016 mit trüben Aussichten: Ab April werden 64 Angestellte, fast alle langjährig und in Vollzeit bei Draftex beschäftigt, nicht mehr täglich „ihr“ Werk an der Bahnstraße ansteuern. Die Geschäftsführung vor Ort und die polnische Muttergesellschaft Stomil Sanok GmbH plant die Fertigung von Gummibändern und -dichtungen für den „Premium Car Sector“ vor allem von BMW ohne sie. Die Männer und Frauen aus den Bereichen Extrusion, Konfektion, Transport, Verwaltung, Versand und Warenannahme sind in einer außerordentlichen Betriebsversammlung am Dienstag wie alle der aktuell 358 Draftex-Mitarbeiter über die Maßnahme in Kenntnis gesetzt worden. Ihnen steht der Weg in eine Transfergesellschaft frei.

Damit ist der Mitarbeiter-Aderlass für das laufende Geschäftsjahr noch nicht ganz erzählt: Zu Ende September werden weitere 30 Kündigungen ausgesprochen. „Wer dabei sein wird, wissen wir noch nicht“, sagt Dieter van Dyck, (55). Seit 30 Jahren ist er bei Draftex. Van Dyck ist seit drei Monaten Betriebsratsvorsitzender. Er wird unterstützt von seinem Stellvertreter Murat Kizil. Kizil ist 45 Jahre alt. 2017 wäre er 20 Jahre bei Draftex. „Man kommt nicht mehr zur Ruhe“, sagt van Dyck. „So eine Versammlung wie am Dienstag muss ich sobald nicht wieder haben. Die Stimmung ist schlecht.“ Kizil stimmt ihm zu. Die Situation nagt spürbar an den beiden. Kizil: „Wir haben zu jedem Gesicht, zu jedem Namen einen Bezug, Kontakte. Da hängen Existenzen dran.“ Das Auf und Ab der Firma verfolgen sie nun seit zehn Jahren.

Als Stomil Sanok im Oktober 2014 das Grefrather Werk übernahm, hatten die Polen im Rahmen des Sanierungskonzepts einen Personalabbau von etwa 200 Mitarbeitern bis Ende 2017 angekündigt. „BMW, VW und Daimler hatten dafür Geld in einem Sozialplan-Topf hinterlegt“, sagt van Dyck. Um welche Summe es sich genau gehandelt habe, sei dem Betriebsrat anfangs nicht bekannt gewesen. Darüber sei Stillschweigen zwischen Stomil und der Autoindustrie vereinbart worden. Van Dyck: „Der Topf ist Ende des Jahres leer.“ Zwei Drittel der Summe sei bei den 2015 gezahlten Abfindungen geflossen, der Rest gehe nun an die 94 Kollegen, die in diesem Jahr gehen müssen. Dabei glaubt der Betriebsrat nicht daran, dass das die letzte Kündigungswelle war.

Die jüngsten Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Draftex Automotive waren am 11. März von Arbeitgeberseite für gescheitert erklärt worden. Van Dyck: „Begründung: Die Forderungen des Betriebsrats seien für die Arbeitgeber absolut unrealistisch.“ Es folgte der Spruch der Einigungsstelle. „Stomil möchte kein Geld in den Sozialplan investieren. Das haben wir schriftlich“, so van Dyck. Seiner Einschätzung nach schwebt die Insolvenz wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen.

Dieter van Dyck und Murat Kizil

Die aktuelle Auftragslage sei nicht zufriedenstellend. Hoffnung setze man auf das vierte Quartal 2018. Seit drei Monaten, so der Betriebsratsvorsitzende, liegt für dieses Datum ein Neuauftrag der Firma BMW vor. „Sicherheit herrscht damit im Unternehmen aber nicht“, betont van Dyck. „Wir wissen nicht, ob dieser Auftrag dann hier abgewickelt wird oder Stomil in Polen sonst einspringt.“ Das Mutterunternehmen wolle in den Markt der Automobilzulieferer. „Und die Kunden wollen einen Standort in Deutschland. Wir“, sagen van Dyck und Kizil, „fühlen uns wie ein Türöffner. Draftex hat in der Branche einen guten Namen.“ Darauf konzentriert sich die Hoffnung der Belegschaft, die sich sehr mit dem Unternehmen am Standort Grefrath identifiziert. Van Dyck: „Es muss ja weiter gehen.“