Interview Andreas Coenen: „Ein Landrat zum Anfassen“
Eine Stichwahl würde Andreas Coenen enttäuschen. Politik macht ihm Spaß.
Kreis Viersen. Sollte er gewählt werden, könnte man schon zu seiner Amtseinführung feststellen: Er ist ein großer Landrat. Mit mehr als zwei Metern ist Kreisdirektor Andreas Coenen eine nicht zu übersehende Erscheinung. Was er inhaltlich vorhat, verriet der CDU-Mann im Gespräch mit der WZ-Redaktion — ebenso wie die Einschätzung seiner Chancen.
WZ: Ist die Landratswahl für Sie ein Selbstläufer? Oder anders: Steht der Sekt schon kalt?
Andreas Coenen: Nein. Ich bin zuversichtlich. Aber ich mache Wahlkampf, auch um eine möglichst hohe Beteiligung und ein gutes Ergebnis zu erreichen. Es ist eine schwierige Wahl.
Wären Sie enttäuscht, wenn es zu einer Stichwahl käme?
Coenen: Um ehrlich zu sein: Ja. Ich will dafür arbeiten, dass am 13. September eine Entscheidung fällt.
Sie kommen aus der Verwaltung. Können Sie auch mit der Politik umgehen?
Coenen: Ja, es macht mir richtig Freude. Ich gehe tatsächlich gerne auf Menschen zu, mache gerne Straßenwahlkampf. Ich sehe mich als Verwaltungsfachmann, der auch politischer Mensch ist. Und ich weiß, dass ich gute Drähte in die Politik brauche. Das ist ein Hauptreiz.
Wie wollen Sie den Kreis nach vorne bringen? Wo hat er seine Stärken? Wo die Defizite?
Coenen: Man kann im Kreis Viersen gut leben und arbeiten. Die Mietpreise kann man ebenso noch bezahlen wie die fürs Bauen. Das ist ein Pfund, mit dem wir arbeiten müssen. Mit Elmpt (ehemalige Militärfläche; Anm. d. Red.) können wir Flächen anbieten, die größer sind als zehn Hektar. Das ist nicht alltäglich.
Was die Defizite angeht: Dazu gehört sicher die Internet-Breitbandversorgung. Das machen sich die Städte und Gemeinden auf den Weg. Es wäre aber besser, das gemeinsam zu tun. Wir könnten mit den Kommunen ein Konzept erarbeiten, um zu sehen, was benötigt wird. Vorläufig werden wir auch auf den Mix der verschiedenen Techniken setzen. Darüber hinaus erkenne ich keine Defizite.
Sie sagen, es bahne sich ein Ärztemangel an. Wie konkret gehen Sie das Problem an?
Coenen: Im Moment gibt’s diesen Mangel nicht. Wir müssen aber darauf achten, dass er nicht entsteht. Unter anderem müssen wir mit den kassenärztlichen Vereinigungen sprechen.
Die Krankenhaus-Situation bezeichnen Sie als gut. Warum sind Sie da so sicher?
Coenen: Weil wir eine große Krankenhaus-Dichte haben. Ich glaube, die Häuser schauen, dass sie sich gut aufstellen.
Gelegentlich wird bemängelt, dass Verwaltungen ein Stück weit weg sind vom Bürger. Sehen Sie hier bei der Kreisverwaltung Nachholbedarf — oder ist alles „im Lack“?
Coenen: Wir arbeiten immer weiter daran. So werden wir unseren Internet-Auftritt umfassend modernisieren. Ich setze darauf, mehr Leistungen im Netz anbieten zu können. Da hat die Verwaltung noch Nachholbedarf. Aber: Das kostet auch Geld.
Wolfgang Lochner, einer Ihrer Mitbewerber um das Landratsamt, hat bei Ihnen Mängel im Umgang mit den Beschäftigen anklingen lassen. Was sagen Sie dazu?
Coenen: Das ist unseriös. Ich weiß nicht, was er da meint. Wo viele Menschen arbeiten, gibt es schon mal Probleme. Aber: Das Arbeitsklima ist gut. Dass Einzelne schon mal Schwierigkeiten haben, ist normal.
Wie charakterisieren Sie denn Ihren Führungsstil?
Coenen: Der ist von Kollegialität und Wertschätzung geprägt. Ich höre wirklich gerne zu. Aber es gehört natürlich auch dazu, dass man Dinge durchsetzen muss.
Wie gut kennen die Kreis Viersener Sie?
Coenen: Es ist schon schwer, den Bürgern zu vermitteln, wer denn da gewählt werden soll. Ich bin in Viersen sicherlich bekannter als in anderen Städten, auch in Grefrath, wegen meiner Aktivitäten bei der Dorenburg. Wir haben uns aber bemüht, die Schwerpunkte zu verteilen. Ich möchte ein Landrat zum Anfassen sein.
Was wollen Sie innerhalb der Verwaltung ändern?
Coenen (atmet tief durch): Ich habe Pläne, wie ich die Verwaltung organisieren will. Die werde ich allerdings erst intern kommunizieren.
Wenn die Wahlbeteiligung wirklich sehr niedrig ausfällt: Kann man da noch von demokratischer Legitimation sprechen?
Coenen: Das kann man. Jeder kann zur Wahl gehen. Jeder kann problemlos die Briefwahl nutzen. Die Legitimation in Frage zu stellen, halte ich nicht für richtig.
Viele denken, dass die Wahlbeteiligung bei 30 bis 40 Prozent liegen wird.
Coenen: Ich hoffe, dass das zu tief gegriffen ist.
Sie haben ein Zehn-Punkte-Programm formuliert. Gehen Sie damit nicht sehr auf „Nummer sicher“?
Coenen: Das hat mich nicht geleitet. Das sind alles Themen, die ich für richtig halte. Ich habe ja auch nichts vorenthalten.
Warum taucht das Thema Wirtschaft nicht explizit in Ihrem Programm auf?
Coenen: Es ist schon sehr präsent. Ich wollte mich auf die zehn Punkte beschränken. Ich bin wirtschaftsfreundlich, auch der Landwirtschaft gegenüber. Ich habe aber auch gute Kontakte zur Arbeitnehmerseite. Auch insofern bin ich auf das Amt gut vorbereitet.
Thema Verkehr: Glauben Sie, dass Sie die Umsetzung der Regiobahn noch als Landrat erleben?
Coenen: Ich hoffe das sehr. Aber das können wir ja nicht alleine machen. Da würden viele von profitieren, auch die Mönchengladbacher.
Ein anderes Thema ist die Kempener Burg . . .
Coenen: Eine Entscheidung möchte ich in der nächsten Wahlperiode herbeiführen. Wir werden in Kürze die Jury zusammenrufen und die Entwürfe der Studenten bewerten. Dann wollen wir schnell in die Machbarkeitsstudie kommen. Wir wollen möglichst praktikable Vorschläge. Wir sind als Kreis bereit, die Burg zu räumen. Für das Archiv hätte ich gerne eine fachlich bessere Unterbringungsmöglichkeit.
Sie wollen eine gute Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden. Gehört der jährliche Streit um die Kreisumlage der Vergangenheit an?
Coenen (lacht): Den guten Draht gibt’s zu allen. Das wird auch in Zukunft so sein, weil es von entscheidender Bedeutung ist. Die Kreisumlage ist aber nun mal ein strittiges Thema. Das wird möglicherweise auch in Zukunft so bleiben. Da haben Kreis und Kommunen gegenläufige Interessen. Das Ergebnis von Gesprächen muss immer ein Kompromiss sein, der auszuhandeln ist.
Was sagen Sie zu Ihren Gegenkandidaten?
Coenen: Diese Beurteilung überlasse ich den Wählern. Meine Gegenkadidaten sind nette Menschen, soweit ich das beurteilen kann.
Die Homestory-Fotos auf Ihrer Internet-Seite: Ist das nicht ein wenig dick aufgetragen? Mussten Sie eigentlich Ihre Frau dazu überreden?
Coenen: Natürlich habe ich da mit meiner Frau drüber gesprochen. Und der ältere Sohn ist lediglich von hinten zu sehen, der jüngere sieht heute schon wieder ganz anders aus. Ich finde: Es gehört dazu, ohne gleich alles Private nach außen kehren zu wollen. Ich selbst bin privat auch bei Facebook. Urlaubsbilder habe ich dort noch nie eingestellt.