Es mache doch einen Unterschied, ob man Bilder aus Berlin sehe oder aus Kempen, „das trifft einen viel mehr“, sagte Yanis Brumme, als die Schüler der Gesamtschule Kempen vor einigen Tagen ihr Projekt zum Kriegsende in Kempen vorstellten. Und so sind in der neuen Ausstellung „Vor 80 Jahren – Kriegsende in Kempen“ im Foyer des Rathauses am Buttermarkt viele Bilder zu sehen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Sie zeigen Menschen, die in Kempen lebten und von den Nazis verfolgt und ermordet wurden. Menschen aus Kempen, die im Krieg umkamen. Straßen und Häuser, die man wiedererkennt, die aber damals durch Bombenangriffe schwer beschädigt wurden.
Seit September beschäftigten sich neben Brumme auch Santiago Bellen, Juli Brück, Charlotter Konnen, Tim Kreckler und Florian Pfeiffer, alle Schüler der Jahrgangsstufe 12, in ihrer Freizeit mit dem Kempener Historiker Hans Kaiser mit dem Zweiten Weltkrieg, mit seinen Anfängen, mit den Folgen für die Menschen, mit dem Kriegsende und dem Wiederaufbau. Was sie dabei erfuhren, fügten sie mit vielen Bildern und auch einigen kurzen Texten zusammen. Mit Hilfe des Kempener Bauunternehmens Ralf Schmitz wurde daraus eine Ausstellung, die in 23 Plakaten zeigt, wie Kempenerinnen und Kempener die Vorkriegsjahre und die Kriegszeit erlebten.
Am Mittwochnachmittag wurde die Ausstellung im Rathaus-Foyer eröffnet, und es war richtig voll: Viele Interessierte waren gekommen, darunter auch viele Schüler der weiterführenden Schulen. Kempens Bürgermeister Christoph Dellmans (parteilos) dankte denjenigen, die zum Gelingen dieser Ausstellung beitrugen: neben Hans Kaiser und den Schülern der Gesamtschule auch Axel Schmitz und Ralf Schmitz sowie dem Stadtverordneten Jeyaratnam Caniceus, der die Anregung zur Ausstellung gegeben hatte.
Die Ansprache endete
mit einer Schweigeminute
In seiner Ansprache, die mit einer Schweigeminute für die Opfer von Kriegen endete, führte Dellmans die Zuhörer zurück in die Zeit vor 100 Jahren. Er erinnerte an wirtschaftliche Not, politische Instabilität und gesellschaftliche Spannungen, die extremen Kräften Zulauf bescherten. Sie versprachen Ordnung, Wohlstand und nationale Stärke – die Machtübernahme 1933 führte schließlich in die Katastrophe. „Allen hier Anwesenden ist bewusst, dass so etwas nie wieder geschehen darf“, betonte Dellmans.
Dazu wolle die Ausstellung beitragen. Denn sie endet nicht mit dem Kriegsende im Frühjahr 1945, sondern zeigt auch, wie sich die Demokratie langsam entwickelte. „Unsere Demokratie, die nach 1945 entstanden ist, ist ein hohes Gut“, so Dellmans: „Sie ist das Fundament unseres Zusammenlebens“, garantiere Meinungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung aller Menschen. Und genau deshalb dürfe man nicht zulassen, dass die Demokratie, wie vor dem Zweiten Weltkrieg, von rechten Populisten und Extremisten bedroht werde. „Mein Wunsch ist es, dass wir nicht wieder dieser Fehler machen und ein weiteres Mal diese Entwicklung zulassen.“
Caniceus erinnerte in einer kurzen Ansprache daran, dass Kempen mit Schmalbroich vor Kriegsbeginn 11.490 Einwohner hatte. Etwa 1000 von ihnen kamen durch den Krieg ums Leben: als Soldaten an der Front, aber auch zu Hause durch Bombenangriffe, als Menschen jüdischen Glaubens, als Opfer der Euthanasie, als politische Widerständler, als Zwangsar-
beiter.
„Dieser Opfer wollen wir gedenken“, so Caniceus. Ihre Schicksale seien auch in Kempen lange unter den Teppich gekehrt worden; erst in den 1980er Jahren habe man in Deutschland mit der Aufarbeitung begonnen.
Auch Kaiser betonte, dass die Ausstellung erarbeitet worden sei, „damit wir das Vergangene nicht vergessen und für unsere Zukunft lernen“. In einer bewegenden Einführung erinnerten die Schüler im Anschluss an Menschen, die in Kempen auch durch diese Ausstellung nicht vergessen werden sollen: „Für diesen Weg haben unzählige Menschen ihr Leben geben müssen“, machten die Schüler den Anwesenden deutlich. Von den Schicksalen erzählt die Ausstellung im Rathaus.