Nabu bittet Autofahrer um Rücksicht Kröten sind wieder auf Wanderschaft

Kempen · Mit steigenden Temperaturen erwachen jetzt Kröten und Frösche aus dem Winterschlaf. Auf dem Weg zu ihren Laichgewässern müssen sie oft auch Straßen überqueren. Viele finden dabei den Tod. Um die Tiere zu retten, sind in Kempen Naturschützer schon im Einsatz.

Amphibien machen sich jetzt wieder auf den Weg zu ihren Laichgewässern. Dabei müssen sie oft auch Straßen überqueren.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Autofahrer sollten in den kommenden Tagen und Wochen besonders vorsichtig fahren. Denn mit steigenden Temperaturen erwachen Kröten und Frösche aus dem Winterschlaf und machen sich auf den Weg zu ihren Laichgewässern, um sich dort zu paaren und ihre Eier abzulegen. Auf dem Weg müssen die Tiere oft auch Straßen überqueren. Dabei werden alljährlich zahlreiche Amphibien überfahren. Um sie zu schützen, werden in einigen Städten und Gemeinden in dieser Zeit mit Beginn der Dämmerung Straßen gesperrt. Vielerorts sind auch Naturschützer im Einsatz, die den Amphibien über die Straße helfen.

In Kempen kümmern sich Peter Kunz, Leiter der Kempener Gruppe im Naturschutzbund Deutschland (Nabu), und sein Team um die Rettung der Tiere. Schon am 15. Januar hat für die Helfer eine betriebsame Zeit begonnen. Jeden Morgen und jeden Abend sind sie unterwegs in vier Gebieten in Kempen sowie in den Stadtteilen Tönisberg und St. Hubert, wo Krötenzäune stehen. Einer dieser Zäune befindet sich an der Schaephuysener Straße in Tönisberg. Knapp 300 Meter Krötenzaun stehen dort an der Landstraße auf der Seite des Erlenbruchwalds. Am Zaun wurden zehn Eimer eingegraben. Kröten oder Molche, die sich am Zaun entlangbewegen und versuchen, diesen zu überwinden, fallen in die Eimer, können so von den Helfern dann vorsichtig über die Straße getragen und auf der anderen Seite wieder ausgesetzt werden. Die Rampen, die der Baubetriebshof zur Verfügung gestellt habe, seien bei dieser Form des Zaunes nicht so optimal, erklärt Kunz. Sie könnten nicht nah genug an den Zaun gestellt werden, es entstehe ein Zwischenraum zwischen Zaun und Rampe, durch den sich die Amphibien bewegen könnten, anstatt über die beidseitigen Rampen aufzusteigen und damit in die vorbereitete Sammelöffnung zu fallen. „Die Tiere bewegen sich am Zaun hin und her. Es ist ein Zufall, wenn sie dann über die Rampe gehen“, sagt Kunz. Deshalb setze man auf das Eimer-System. Zudem seien zwei der drei Rampen, die man nichtsdestotrotz aufgestellt habe, bereits entwendet worden.

55 Teichmolche, 33 Bergmolche und 22 Erdkröten haben die Helfer seit dem 15. Januar schon gerettet. Dass die Zäune so früh aufgestellt werden, liegt daran, dass einige Amphibienarten schon bei Temperaturen ab drei Grad unterwegs sind. „Früher ging man immer von etwas höheren Temperaturen aus. Das wurde aber widerlegt“, sagt Kunz.

Die Molche sind die ersten, die sich auf den Weg von den Überwinterungsgebieten zu den Laichgewässern machen. An der Schaephuysener Straße ist das naturnah angelegte Regenrückhaltebecken auf der anderen Seite der Straße das Ziel. Den Molchen folgen die Kröten. Die Frösche sind Langschläfer: Die Gras- und Teichfrösche treten als letzte ihre Wanderung an. Doch egal, wann sie unterwegs sind: Ohne die Zäune sähen ihre Überlebenschancen schlecht aus. Für bis zu 90 Prozent einer Population endet der Weg über die Straße tödlich. Kunz lobt in Sachen Amphibienschutz die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Kempen, deren Baubetriebshof die Zäune aufgestellt hat.

Peter Kunz (l.), Leiter der Nabu-Gruppe Kempen, und sein Stellvertreter Michael Coenen sind derzeit im Amphibienschutz unterwegs.

Foto: Bianca Treffer

An der Tönisberger Straße
steht nun ein Hinweisschild

Auch das Schild „Achtung Krötenwanderung“ weist Autofahrer auf die Tiere hin. An der Tönisberger Straße zwischen Bruchwald und Regenrückhaltebecken wurde es von der Straßenmeisterei Moers installiert. Fahren Autofahrer vorsichtiger, bringt das nicht nur mehr Sicherheit für Kröten und Molche, sondern auch für die Helfer, die sich in unmittelbarer Nähe zur Straße befinden und diese mit den Tieren regelmäßig queren. Der Nabu bittet Autofahrer, auf die Gefahrenschilder zu achten und Rücksicht zu nehmen. Um die Tiere nicht unnötig zu gefährden, sollten Autofahrerinnen und Autofahrer Tempo 30 einhalten, heißt es vom Nabu. Denn bei höheren Geschwindigkeiten werden auch Amphibien getötet, die nur am Straßenrand sitzen: Der Strömungsdruck der vorbeifahrenden Autos bringt die inneren Organe zum Platzen.

Trotz der regelmäßigen Rettungsaktion zur Wanderzeit der Amphibien ist die Zahl der Tiere an der Schaephysener Straße allerdings rückläufig. Deshalb würde sich Kunz Wasser- und Bodenproben im Bruchgebiet wünschen. „Man kann nur spekulieren, woran es liegt, dass es weniger Tiere werden. Es wäre schön, wenn wir etwas Handfestes hätten, mit dem wir arbeiten könnten. Wir würden uns über Unterstützung seitens der Behörden freuen“, sagt Kunz. Michael Coenen, sein Stellvertreter, äußert einen weiteren Wunsch: „Es wäre schön, wenn wir den Bereich des Regenrückhaltebeckens für ein Monitoring betreten dürften.“ Man wolle die Tiere an ihren Laichgewässern beobachten.

Was den Naturschützern ein Dorn im Auge ist: der Müll im Bruchwald. Lackdosen, leere Schnapsflaschen, Scherben und andere Dinge seien weder in dem kleinen Wald noch im Bach förderlich für die Umwelt und die Tiere, sagen die Helfer. Regelmäßig sammeln die Mitglieder der Nabu-Gruppe deshalb den Unrat auf. Nach einer kurzfristigen Absprache mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW, der für diesen Bereich zuständig ist, holt die Straßenmeisterei Moers den Müll dann ab.