Bäckerei Weidenfeld in Kempen Bäckerei Weidenfeld ist für immer geschlossen
<irwordspace style="word-spacing -0075em;"><irglyphscale style="font-stretch 97%;">Kempen </irglyphscale></irwordspace> · Elke und Jörg Weidenfeld haben Heiligabend ihre Bäckerei in Kempen für immer geschlossen. Keine einfache Entscheidung, doch viele Gründe kamen am Ende zusammen. Mit einem neuen Pächter geht es an der Judenstraße jedoch weiter.
Elke und Jörg Weidenfeld sitzen an ihrem großen Esstisch. An einem Freitagmorgen. Sie schauen von oben aus ihrer Wohnung auf das Einkaufstreiben in der Judenstraße. „Dass wir mal an einem Freitag hier so sitzen, daran kann ich mich nicht erinnern“, sagt die 58-jährige Elke Weidenfeld. Denn normalerweise wäre sie jetzt schon seit acht Stunden auf den Beinen und würde Brote, Brötchen oder Teilchen an ihre Kunden ausgeben. Und ihr Mann würde ein Blech nach dem anderen in den Ofen schieben. Die Bäckerei Weidenfeld war bei vielen in Kempen sehr beliebt. Man kam beim Warten miteinander ins Gespräch. Ein Stück Tradition, die jetzt wegfällt.
Einige Wochen sind seit der Schließung an Heiligabend vergangen. Das Ehepaar ist mit unterschiedlichen Emotionen erst mal in den Urlaub gefahren: „Das war ein anderer Urlaub, denn man wusste, wenn wir zurückkommen, stehen andere Sachen an, keine Materialbestellung oder Planung wie üblich“, sagt Jörg Weidenfeld.
Im Sommer haben der Bäcker und die Konditorin beschlossen, ihre Bäckerei zum Ende des Jahres zu schließen. Zunächst hätten sie mit ihren beiden Kindern gesprochen, dann ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert. „Natürlich denkt man lange darüber nach, wägt ab, aber es war die richtige Entscheidung“, erklären beide. Die hohe Arbeitsbelastung sei dauerhaft nicht mehr zu stemmen gewesen; hinzu kamen die Dauersuche nach Personal, immer wieder neue Vorschriften und Gesetze. „Unser treuer Geselle wollte nach 22 Jahren eine neue berufliche Herausforderung, absolut verständlich, das war vielleicht das i-Tüpfelchen dann“, erklärt Jörg Weidenfeld.
Im April 2023 hatte das Paar den Verkauf von Backwaren schon auf drei Tage reduziert. Aber: „Drei Tage offen, heißt nicht, nur drei Tage arbeiten“, sagt Elke Weidenfeld. Denn die Vorbereitungen nahmen viel Zeit im Vorfeld in Anspruch. Den beiden war nämlich immer eins wichtig: „Die Qualität musste immer stimmen“, sagt das Paar.
Die Hobbys rücken
jetzt mehr in den Fokus
Derzeit wird in der Backstube gewerkelt, gehämmert, neue Geräte kommen an ihren Platz. „Wir freuen uns, dass es hier weiter Brötchen gibt, die Verträge sind unterzeichnet. Ab Ende Februar eröffnet Bäcker Hendker aus Krefeld in unserem Laden seine Filiale“, so Jörg Weidenfeld. Sein alter Ofen, der auf einmal 600 Brötchen backen konnte, wird ausrangiert.
Im Jahr 1966 eröffnete Jörg Weidenfelds Vater die Bäckerei. Er selbst war schon früh mit dabei, seine Frau, eine Tochter von Hubert Baumeister (Café Peerbooms), sammelte ebenfalls schon früh Erfahrungen im Familienunternehmen wenige Meter weit entfernt. Zusammen entschieden sie dann, an der Judenstraße ihre Zukunft aufzubauen. Dass ihre Kinder die Bäckerei mal übernehmen, das hat das Ehepaar nie erwartet: „Wir wissen selbst, wie das bei uns früher war. Jedes unserer Kinder soll sich so entwickeln und seinen Weg gehen, den es möchte“, sind sich beide einig.
Auf das Ehepaar wartet ein neues Leben. Und darauf freuen sie sich: Zeit für Sport, einfach mal durch die Stadt flanieren, abends ausgehen, ohne auf die Uhr zu gucken, ihrem Hobby, dem Reisen, nachgehen. All das rückt jetzt in den Fokus. „Wir konnten früher nie freitagsabends ausgehen. Auf der Abschlussfeier meiner Tochter musste ich um 19 Uhr gehen, das würde ich so nie wieder machen“, erklärt der 56-Jährige rückblickend. Sie setzen jetzt andere Prioritäten. An eins müssen sie sich noch gewöhnen: „Das Schlafen ist ein großes Thema. Ich bin immer um 22.30 Uhr aufgestanden, zwischendurch habe ich mich für kurze Zeit hingelegt, wieder aufgestanden, weitergearbeitet, das ist noch Durcheinander alles“, sagt Jörg Weidenfeld und lacht.
Wenn die beiden an ihre Kunden denken, werden sie wehmütig. „All die Jahre haben uns so liebe Menschen die Treue gehalten, wir sind dankbar für alles“, erzählt Elke Weidenfeld und muss schlucken. Sie wollen einfach alles auf sich zukommen lassen. Viele Briefe und Karten von diesen Kunden landen derzeit im Briefkasten der Familie und helfen ein Stück mehr beim Abschiednehmen.