Tourismus in Kempen Kempen denkt weiter über Bettensteuer nach
Kempen · Auch wenn die Stadtverwaltung aktuell keinen Handlungsbedarf sieht, könnte eine so genannte Kulturförderabgabe ein Thema werden – spätestens wenn das geplante Hotel am Aqua Sol in Betrieb geht.
In Nettetal gibt es sie schon. Der Stadtrat der Seenstadt hat in diesem Sommer die Einführung einer besonderen Steuer für Übernachtungen in Hotels und Ferienwohnungen beschlossen. In Kempen wird es eine solche Touristensteuer nicht geben – zumindest vorerst nicht. Das ergibt sich aus einer Antwort der Stadtverwaltung auf einen entsprechenden Prüfauftrag der CDU-Stadtratsfraktion vom November vergangenen Jahres.
Wie der zuständige Stadtkämmerer Jörg Geulmann jetzt im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrates erläuterte, scheut die Stadtverwaltung derzeit noch den verwaltungstechnischen Mehraufwand, den die Einführung einer sogenannten Kulturförderabgabe, die landläufig auch Bettensteuer genannt wird. Ganz ausschließen will der Kämmerer das Thema allerdings nicht. Es könnte im Zuge der Haushaltskonsolidierung weiter beraten und entschieden werden, so Geulmann in seiner Vorlage für den Fachausschuss. Angesichts eines Haushaltdefizits von aktuell fast 18 Millionen Euro könnte die Politik in nächster Zeit doch noch Gefallen an einer solchen Abgabe für Übernachtungsgäste finden.
In Nettetal, das über eine ganze Reihe von Hotels und Ferienwohnungen rund um die touristisch attraktiven Nette-Seen verfügt, rechnet der dortige Stadtkämmerer mit jährlichen Erträgen aus der neuen Übernachtungssteuer in Höhe von 125 000 Euro. Ausgenommen sind in Nettetal von der Steuer die Jugendherberge und das Sport- und Erlebnisdorf des Landessportbundes, beide auf den Hinsbecker Höhen gelegen. Sie werden in der Regel von Schüler- und Sportgruppen genutzt. Und die will man in Nettetal nicht durch eine zusätzliche Abgabe verschrecken.
Ähnlich sieht es in Kempen mit dem Bildungszentrum der Deula Rheinland am Krefelder Weg aus. Mit etwa 24 500 Übernachtungen pro Jahr rangiert diese Einrichtung weit vorne bei den Übernachtungszahlen in der Thomasstadt. Allerdings sind diese Zahlen größtenteils beruflich bedingt. Auch wenn eine Touristensteuer nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom März 2022 grundsätzlich auch für beruflich bedingte Übernachtungen erhoben werden kann, will man dies aus Sicht der Stadt derzeit nicht auf die Deula anwenden.
Die Stadtverwaltung gibt für das Jahr 2022 insgesamt 50 196 Übernachtungen für die Stadt Kempen an. Fast die Hälfte davon entfallen also allein auf die Deula. Weitere rund 18 000 Übernachtungen wurden für den Wohnmobil-Stellplatz am Sportpark Berliner Allee ermittelt.
Ferienwohnungen und Gästezimmer nicht meldepflichtig
Im Stadtgebiet gab es zum Stichtag 31. Dezember 2022 neben der Deula und dem Wohnmobil-Stellplatz fünf weitere registrierte Beherbergungsbetriebe (Hotel Papillon, Hotel Alt Kempen, Kolpinghaus, Ferienwohnungen Müllers und Gästehaus Harteshof). Die Stadt geht von weiteren nicht registrierten Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen oder Gästezimmern aus. Diese sind nach Angaben von Stadtkämmerer Geulmann nicht meldepflichtig und tauchen daher in der Statistik nicht auf.
Für die Erhebung der Übernachtungssteuer gibt es verschiedene Modelle. Kommunen geben beispielsweise einen relativen Steuersatz von fünf Prozent auf den jeweiligen Übernachtungspreis an. Es werden aber auch absolute Steuersätze von einem oder zwei Euro pro Übernachtung angesetzt. In Nettetal wird pauschal ein Euro pro Übernachtung erhoben. Je nachdem, welches Steuermodell in Kempen eingeführt werden würden, könnte dies zu Einnahmen von etwa 100 000 Euro pro Jahr führen. Damit verrechnet werden müsste allerdings der Verwaltungsmehraufwand, den die Stadt dadurch hätte. Darauf weist der Stadtkämmerer ausdrücklich hin.
Interessant könnte die Erhebung einer zusätzlichen Touristensteuer für Kempen werden, wenn das geplante Hotel am Aqua Sol in einigen Jahren in Betrieb geht. Das „Havenhostel“ von Investor Jens Grotelüschen soll 240 Betten bekommen. Bei entsprechender Auslastung würde das die Übernachtungszahlen in Kempen deutlich ansteigen lassen. Das könnte bei Einführung der Übernachtungssteuer zu erheblichen Mehreinnahmen in der Stadtkasse führen.
In der Übernachtungsbranche wird die zusätzliche Abgabe indes kritisch gesehen. Die Hotelbetreiber müssten sie an ihre Gäste weitergeben, ähnlich der in Kurorten erhobenen Kurtaxe. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) lehnt eine Kulturförderabgabe ab. Sie sorge nur für ein Verwaltungsmehraufwand bei den Beherbergungsbetrieben. Hoteliers müssten sich zudem gegenüber verärgerten Kunden rechtfertigen, heißt es beim Branchenverband.
Für die Kempener CDU ist wichtig, dass mögliche Einnahmen aus einer Touristensteuer für die Verbesserung des touristischen Angebots in der Thomasstadt verwendet würden. So könnte damit die Tourismusinformation, die demnächst im Klosterhof eröffnet werden soll, finanziert werden.