Wohnen in Kempen Bei der Grundsteuer ist Vorsicht geboten

Kempen · Der Kempener Stadtrat wird einer von der Verwaltung vorgeschlagenen Erhöhung der Grundsteuer ab 1. Januar 2025 wohl zustimmen. Ob es allerdings differenzierte Hebesätze geben wird, ist fraglich. Der Stadtkämmerer spricht von Rechtsunsicherheit.

Unter die Grundsteuer B fallen nach bisheriger Auslegung alle Wohn- und Gewerbegrundstücke – egal ob sie bebaut oder nicht.

Foto: Norbert Prümen

Einen Proteststurm oder gar eine Klagewelle will sich die Mehrheit der im Stadtrat vertretenen Parteien für das kommende Jahr ersparen. Schließlich sind am 14. September 2025 Kommunalwahlen. Also scheint man sich mehrheitlich darauf einzurichten, die Bürgerinnen und Bürger nicht mit möglicherweise riskanten Steueranpassungen belasten zu wollen. Das betrifft vor allem die Frage, ob die Stadt differenzierte Hebesätze für die bisher einheitliche Grundsteuer B einführen soll. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses stimmte eine deutliche Mehrheit für den Vorschlag der Verwaltung, jetzt noch keine differenzierten Hebesätze einzuführen.

Nur die SPD sprach sich dafür aus, erhielt aber bei den anderen Fraktionen nicht die nötige Mehrheit dafür, dass die Stadtverwaltung die Einführung der von NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) vorgeschlagenen Änderung bei den Hebesätzen für eine Grundsteuer für bebaute und unbebaute Grundstücke noch einmal eingehend prüfen solle. Die letzte Entscheidung in Sachen Grundsteuer trifft der Kempener Rat am 12. Dezember.

Klar zu sein scheint, dass die Hebesätze für die Grundsteuer A und B zum 1. Januar 2025 angehoben werden. Für die Grundsteuer A, die für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke erhoben wird, soll der so genannte fiktive Hebesatz von derzeit 300 auf künftig 535 Prozentpunkte steigen. Für die Grundsteuer B soll der Berechnungswert von aktuell 501 auf künftig 616 Prozentpunkte angehoben werden. Unter die Grundsteuer B fallen nach bisheriger Auslegung alle Wohn- und Gewerbegrundstücke, ganz gleich ob sie bebaut oder nicht bebaut sind.

Kämmerer folgt der Empfehlung kommunaler Spitzenverbände

Stadtkämmerer Jörg Geulmann empfiehlt der Politik, in Sachen Grundsteuer nach dem bewährten Strickmuster zu verfahren. Er folgt der Empfehlung kommunaler Spitzenverbände in NRW, die die Einführung differenzierter Hebesätze bei der Grundsteuer B ablehnen.

Gerade das empfiehlt aber Finanzminister Optendrenk. Die Landesregierung will den Kommunen mehr Entscheidungsspielräume geben, damit Bürger durch die künftige Grundsteuer nicht über Gebühr belastet werden. Zum 1. Januar 2025 tritt deutschlandweit eine Grundsteuerreform in Kraft. Klar ist, dass es für einen Teil der Grundstückseigentümer zu höheren Steuern kommen wird, für andere wird es preiswerter. Die Kommunen rechnen mit möglichen Klagen von Steuerpflichtigen. Das NRW-Finanzministerium empfiehlt den Kommunen, bei der Grundsteuer B unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke einzuführen. Das soll vor allem dazu beitragen, dass es nicht zu einer übermäßigen Belastung etwa der Eigentümer von Wohnimmobilien kommt.

In Kempen verfährt die Stadtverwaltung derzeit nach der Devise „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“. Die kommunalen Spitzenverbände sehen mit der Einführung differenzierter Hebesätze Nachteile und rechtliche Risiken auf die Kommunen zukommen. Kempens Stadtkämmerer sieht kaum Vorteile in differenzierten Hebesätzen für die Grundsteuer B. Im Gegenteil: Sollte die Stadt unterschiedliche Hebesätze einführen, wären deutlich mehr Grundstückseigentümer von einer höheren Steuerlast betroffen, so die Verwaltung. Nur ein kleiner Teil der Grundstückseigentümer könnte tatsächlich von geringeren Ausgaben für die Grundsteuer profitieren.

Im Übrigen: Vermieter können die Grundsteuer anteilig über die Nebenkosten auf ihre Mieter umlegen. Auch deshalb spricht sich die SPD in Kempen für unterschiedliche Hebesätze aus. Sie könnten zu mehr Steuer-Gerechtigkeit führen und möglicherweise zu einer geringeren Belastung von einkommensschwachen Familien bei den Wohnnebenkosten beitragen.

Ob die SPD mit ihrem Prüfantrag an die Verwaltung in der Ratssitzung die nötige Stimmenmehrheit findet, ist indes fraglich. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses folgte die Mehrheit der Fraktionen dem Vorschlag der Verwaltung, von unterschiedlichen Hebesätzen vorerst abzusehen, bis die bestehende Rechtsunsicherheit ausgeräumt sei.