Angebot für Menschen mit Demenz in Grefrath Demenzcafé öffnet im Rathaus

Grefrath · Früher hieß es Café Zeitlos, jetzt heißt es Café Villa. Was bleibt, ist das Angebot der Begegnung für Menschen mit Demenz. Im Ratssaal des Oedter Rathaus gelingt jeden zweiten Mittwoch im Monat der Austausch mit Betroffenen: ein Baustein im Demenznetzwerk im Kreis Viersen.

Helmut Worner (v.l.), Anja Dammer und Ewa Majdzinska-Otto machen auf die Wiedereröffnung des Café Villa, früher Café Zeitlos, aufmerksam.

Foto: Uli Rentzsch

(ure) In allen Kommunen im Kreis soll es ein Begegnungsangebot für Menschen mit Demenz geben – und zwar in Form eines Cafés. Das hat sich das Demenznetzwerk des Kreises Viersen zur Aufgabe gemacht. Im Mai 2018 öffnete das Café Zeitlos im Oedter Quartiersbüro an der Hochstraße 53. Fast zwei Jahre später, im März 2020, musste das Café wegen der Corona-Pandemie wieder schließen. Nun hat man einen neuen Ort gefunden: Es können Räume im Oedter Rathaus an der Johannes-Girmes Straße 21 genutzt werden – ganz genau gesagt: der Ratssaal.

Ab Mittwoch, 9. März, findet in der Zeit von 15 bis 17 Uhr an jedem zweiten Mittwoch im Monat wieder ein Café statt. Hier treffen sich Menschen mit Demenz und deren Zugehörige (Angehörige oder Bekannte) bei Kaffee und Kuchen, können sich kennen lernen und über alle erdenklichen Themen rege austauschen. „Das ist so gewünscht“, sagt Diplom-Gerontologe Helmut Woerner, „denn die Pflege der sozialen Kontakte ist ein Faktor, der deutlich Einfluss nimmt auf den Verlauf einer Demenz.“ Der Austausch mit anderen, die Begegnung, der Dialog mit anderen begünstigen eine erhöhte Lebensqualität. „Das ist wie Gedächtnistraining, und das ist gut“, erklärt der Gerontoge weiter. Das Ziel sei, eine Lebenszufriedenheit bei Menschen mit Demenz zu erreichen.

Das Angebot des Cafés ist bewusst niedrigschwellig. Es kostet wenig Aufwand teilzunehmen. Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Terminabsprache ist nicht nötig. „Man kommt einfach“, fasst Anja Dammer, Seniorenberaterin bei der Gemeinde Grefrath, zusammen. „Wir möchten betonen, dass das Café Villa kein Betreuungsangebot ist, sondern ein Angebot zur Begegnung, bei dem sich Menschen mit Demenz in einer angenehmen Umgebung treffen können“, erklärt die Diplom-Sozialpädagogin, die sich mit ihrer Kollegin, Diplom-Sozialpädagogin Ewa Majdzinska-Otto, diese Aufgabe teilt.

Jetzt also ein Neustart: „Wir planen mit einer Gruppe von maximal 20 Teilnehmenden“, fügt Anja Dammer hinzu. Wäre die Gruppe zu groß, reduziere sich die Möglichkeit, sich wirklich kennen zu lernen. In der Vergangenheit hatten vornehmlich Paare das Café besucht – Menschen mit Demenz und ihre Ehepartner. Man wünsche sich, dass mehr Menschen mit Demenz ein solches Angebot nutzen würden, antwortet Anja Dammer auf die Frage, ob mit dem Café Villa der Bedarf in der Gemeinde gedeckt sei. Man müsse zwischen Bedarf und Bedürfnis differenzieren: „Sicherlich gibt es Menschen, die wir nicht erreichen können.“ Viele Menschen mit Demenz und deren Angehörige scheuten sich, in die Öffentlichkeit zu gehen, ergänzt Helmut Woerner: „Was erwartet mich? Wen treffe ich an? Was passiert, wenn sich mein Angehöriger mit Demenz nicht wie erwartet verhält? Das hemmt. Es braucht oft viel Zureden, ein solches Angebot auszuprobieren.“ Eine Peinlichkeitsfalle, in die wir alle einmal geraten können? „Eindeutig ja“, sagt Woerner.

Ein Beispiel hat Woerner auch parat: Menschen mit Demenz vergessen in dieser Zeit häufig, ihren Mund-Nasen-Schutz zu gebrauchen, beispielsweise in Geschäften. Werden sie darauf angesprochen, reagieren sie gelegentlich nicht so wie erwartet. So kommt der Angehörige in Erklärungsnot. „Das ist dann eine Art von Fremdschämen“, erklärt Woerner. Um solche Situationen auszublenden, vermeide man, in solche Situationen erst gar zu kommen – und bleibe fern. „Im Café Villa muss man sich eben nicht schämen“, sagt Anja Dammer, „hier kommen Betroffene zusammen, die ein ,normales‘ Café vielleicht nicht besuchen würden.“ Woerner wagt einen Traum: Nähmen wir die Krankheit so an wie sie ist, lebten wir in einer Demenz-freundlichen Kommune, lebten in einer Demenz-freundlichen Umwelt, dann wäre vieles einfacher, dann brächten wir auch diese Cafés nicht, dann könnten Menschen mit Demenz überall hingehen, ohne Angst vor Scham, Ausgrenzung oder Zurückweisung. „Aber die Gesellschaft ist nicht so“, sagt Woerner.

Es komme vor, dass der Zufall hilft, wenn man Menschen mit Demenz erreicht, die man eigentlich nicht erreichen kann, weil sie keine Angehörigen mehr haben oder alleine leben, erklärt Ewa Majdzinska-Otto. In der Senioren- oder Wohnberatung erfahre man in Gesprächen, dass Bedarf besteht. „Aber viele fühlen sich noch zu fit, um ein Angebot wie das Café Villa anzunehmen“, erklärt sie. Grundsätzlich sei es problematisch, Alleinlebende mit Demenz zu erreichen.