Die Burg ist absolute Spitze
Im letzten Teil der Serie berichtet Richard Schmitz über die Zeit, als der Liebling der Kempener ein Gefängnis war.
Kempen. Einmal eine Nacht in der kurkölnischen Landesburg verbringen — das wünschen sich vermutlich viele Leser der WZ. Immerhin wurde die Kempener Burg bei der Umfrage mit deutlicher Mehrheit zum schönsten Wahrzeichen Kempens gewählt.
Eine Nacht in der Burg — Richard Schmitz hat dieses Erlebnis tatsächlich hinter sich, wenn auch unfreiwillig: Als Kind wurde er kurz nach dem Krieg von der Militärpolizei dort eingesperrt. „Meine Mutter hatte mich Milch holen geschickt“, berichtet der WZ-Leser.
Der Haken an der Sache: Der damals Zehnjährige musste dafür von der elterlichen Gaststätte Schmitz-Gilsing (heute Oedter Straße 83) bis zum Hof von Bauer Titschen in Oedt laufen.
„Allerdings gab es damals ja eine Ausgangssperre — man durfte nur zwischen 12 und 13 Uhr mittags unterwegs sein“, erinnert sich Schmitz. Prompt kamen ihm auf dem Rückweg amerikanische Besatzungs-Soldaten entgegen. Schmitz schluckte: „Es war schon kurz nach eins!“
Die Amerikaner kannten keine Gnade und sperrten den Jungen mit seinen Kumpels ein — in die Burg, die damals als Militärgefängnis diente. Dort herrschten harte Sitten: „Sogar zur Toilette kam ein Soldat mit Gewehr mit.“
Den ganzen Tag musste Schmitz in der Burg ausharren — „bis meine Mutter Palaver gemacht hat, dann haben sie mich um 3 Uhr morgens wieder rausgelassen“. So nahm das Abenteuer doch noch ein glimpfliches Ende, und sogar die Milch erreichte ihren Bestimmungsort. „Die Kanne habe ich während der ganzen Zeit nicht aus der Hand gegeben“, betont Schmitz.
Die Zeit als Militärgefängnis war nur eine kurze Episode in der Geschichte der Burg, die zwischen 1396 und 1400 auf Anordnung des Kölner Erzbischofs Friedrich von Saarwerden erbaut wurde.
Sie diente zunächst als Amtsverwaltung des Kurfürstentums sowie als Zitadelle, also als ausgebauter Teil einer Festung. Zu dieser Zeit verfügte die Burg auch über einen Wassergraben samt Zugbrücke und bot somit einen Rückzugsort bei Belagerungen.
Im Jahr 1851 brannte die Burg nieder und wurde nach dem Wiederaufbau im neugotischen Stil übergangsweise Sitz des Gymnasiums Thomaeum. Zwischen 1930 und 1984 befand sich in dem alten Gemäuer die Verwaltung des damaligen Kreises Kempen-Krefeld.
Heute findet man dort das Kreis- und Stadtarchiv, die Zweigstelle der Volkshochschule und den Verein Kulturraum Niederrhein.