Die Zahl der Apotheken in der Region nimmt ab
Die flächendeckende Versorgung sei zwar gewährleistet — doch ein Sprecher des Berufsstands betont das Wort „noch“.
Kreis Viersen. Zu den vielen Menschen, die auf eine neue „richtige“ Bundesregierung warten, gehören auch die Apothekerinnen und Apotheker. Dabei dürfte diesen Berufsstand vor allem die Frage umtreiben, ob die GroKo (so sie denn tatsächlich kommt) zeitnah ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf den Weg bringt. Man brauche „dringend und schnell“ ein Gesetz, das wieder einheitliche Preise bei rezeptpflichtigen Medikamenten herstelle, so Friedemann Schmidt, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, kurz ABDA. Versandhändler müssen sich seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs 2016 nicht mehr an die einheitlichen Preise halten, die für die sogenannten Präsenzapotheken bei verordneten Medikamenten gelten. Der Koalitionsvertrag sieht ein solches Verbot vor (die WZ berichtete gestern).
Die noch bestehende Möglichkeit der Versandapotheken ist für den Süchtelner Dr. Joachim Kresken, Pressesprecher der Apotheken im Kreis Viersen, ein Grund für die sinkende Zahl an Apotheken in der Region. „Der Rückgang war zu erwarten und wird sich vermutlich auch weiter fortsetzen“, sagt er im Gespräch mit der WZ.
Die Zahlen lesen sich nach Angaben der zuständigen Apothekerkammer Nordrhein wie folgt: Gab es Anfang 2012 noch 77 Apotheken im Kreisgebiet, waren es Ende des vergangenen Jahres 67 (siehe auch Info-Kasten). In der Nachbar-Großstadt Krefeld sank die Zahl im selben Zeitraum von 65 auf 58.
„Dadurch hat jede einzelne Apotheke unter anderem ein höheres Notdienst-Aufkommen als früher“, nennt Kresken eine daraus resultierende Erschwernis. „Stand heute“ sei die flächendeckende Versorgung in der Region allerdings noch gesichert, und zwar sowohl im Ost- wie auch im Westkreis.
Laut ABDA ist die Zahl der Apotheken in Deutschland Ende 2017 auf 19 748 gesunken (1,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor). Damit habe sich der Rückgang weiter beschleunigt. Die aktuelle Zahl markiere den tiefsten Stand seit 30 Jahren. 1987 gab es demnach in Ost- und Westdeutschland zusammen mit 19 637 letztmalig noch weniger Apotheken.
Der Rückgang von 275 Betriebsstätten ergibt sich aus dem Saldo von 120 Neueröffnungen und 395 Schließungen. Auffällig sei, dass auch der Trend zur Eröffnung von Filialen immer schwächer werde und die Schließung von Haupt- bzw. Einzelapotheken immer weniger kompensieren könne. Hintergrund: In Deutschland gilt das Fremd- und Mehrbesitzverbot, das es Apothekern erlaubt, neben der Hauptapotheke bis zu drei Filialen in enger räumlicher Nähe zu betreiben, für die sie die volle persönliche Verantwortung tragen.
„Nicht nur die Zahl der Apotheken, sondern auch die Zahl der Inhaber sinkt immer weiter“, sagt Friedemann Schmidt mit Blick auf ganz Deutschland. „Und das schmerzt besonders. Wenn so viele Apotheker keine Perspektive mehr für eine Existenz als Selbstständige sehen, liegt das nicht nur am scharfen Wettbewerb, sondern leider auch an den ordnungspolitischen Rahmenbedingungen.“
„Viele ältere Apothekenbetreiber finden aufgrund der unsicheren Lage keinen Nachfolger“, so Dr. Joachim Kresken aus Süchteln und kritisiert in diesem Zusammenhang, dass Präsenz- und Versandapotheken mit „ungleichen Speeren“ kämpfen würden. Gemeint sind unter anderem Rabatte, die den niedergelassenen Apotheken in Deutschland gesetzlich verboten seien — anders als der Konkurrenz. Dabei geht es konkret um die gesetzliche Zuzahlung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten.
Der modernen Welt verschließen würden sich die Apotheker keinesfalls. „Wir haben die Digitalisierung im Blick“, so der Sprecher. Das zeigt sich ihm zufolge auch daran, dass Medikamenten-Bestellungen per WhatsApp gang und gäbe seien.