Ein ganz persönliches Rudi-Cerne-Gefühl
WZ-Mitarbeiter Janis Beenen hat sich mit 18 Jahren zum ersten Mal aufs Eis gewagt. Mit Erfolg, auch wenn er von Vierjährigen überholt wird.
Grefrath. Am Ende dieses Morgens fühle ich mich wie Eiskunstlauflegende Rudi Cerne höchstselbst. Sicher ist das für den Außenstehenden nicht ganz nachvollziehbar. Da wirkte ich wohl eher wie ein ungelenker älterer Herr, der sich auf die Eisbahn verirrt hat. Aber nun alles der Reihe nach: Einen Tag vor Heiligabend 2015 ist es soweit. Mit 18 Jahren probiere ich mich zum ersten Mal in meinem Leben im Schlittschuhlaufen. Trainerin Lisa Reichmann vom Grefrather Schlittschuhklub soll mir beibringen, worauf es beim Eislaufen ankommt.
Schon die Ankunft am Eissportzentrum flößt mir mächtig Respekt vor der anstehenden Aufgabe ein. Da flitzen die Cracks in ihren Taucheranzügen gleichenden Overalls über die Eisfläche als gäbe es kein Morgen mehr. Zum Glück dauert es noch ein bisschen, bis ich auf die Bahn muss. Erstmal geht’s zum Schuhverleih. Es gebe Eiskunstlauf- und Eishockeyschuhe, erläutert der Herr hinter dem Tresen. Die Eishockeyvariante scheint mir die richtige Wahl zu sein. Eishockey — das klingt cool, nach echten Kerlen und jeder Menge Testosteron. Doch diese Vorstellung hat sich rasch wieder zerschlagen. Der robuste Eishockeyschuh mit den kurzen Kufen sei nichts für den Amateur, wird mir versichert. Dann halt die Anfänger-Ausrüstung, bitte!
Trainerin Lisa empfängt mich mit einem breiten Lachen an der Bahn. Normalerweise übt die 18-Jährige mit Anfängern im Grundschulalter. Seitdem sie vier Jahre alt ist, ist die Grefratherin dem Eiskunstlauf verschrieben. „Komm’ langsam aufs Eis und mach’ kleine Schritte. So fange ich mit den Kindern auch an“, sagt Lisa. Leichter gesagt als getan. Mit nur zwei schmalen Kufen auf die glatte Oberfläche? Das kommt mir recht waghalsig vor.
In den ersten Momenten auf der Bahn verkrampfen sich meine Beine. Mit den Armen versuche ich das Gleichgewicht auszutarieren. Eine Verschnaufpause gibt es nicht. Rasch geht es auf die erste Runde. Ich strauchle und tapse mit viel Glück einige Meter unfallfrei. Dann greift Lisa ein: „Du musst mit den Füßen nach außen gleiten.“ Ansonsten bleibe man mit den Rillen an der Spitze der Kufen im Eis hängen. Eine häufige Sturzursache. Zweite wichtige Regel: Die Füße beim Laufen hochheben.
Mit diesen Hinweisen klappt das Fortbewegen ganz ordentlich. „Das sieht doch schon gut aus“, lobt Lisa. Als nächstes spricht sie das Bremsen an. „Das ist extrem wichtig“, sagt die Trainerin. Besonders, wenn die Bahn voll sei, sei es notwendig, vernünftig zu stoppen. Der größte Anfängerfehler sei, wie ein Eishockeyspieler anzuhalten. Also indem ein Fuß angewinkelt hinterhergezogen wird. Lisa rät, mit dem rechten Fuß einen Halbkreis vor dem Körper zu ziehen. Dabei ist es wichtig, den Schuh ins Eis zu drücken und den Oberkörper leicht nach vorne zu beugen.
Gar nicht so einfach. Meine Bremsversuche sind eine echte Gefahr für die anderen Sportler. Denn statt anzuhalten, verliere ich meine Spur und brettere den anderen in den Weg. Mit ein bisschen Übung klappe das schon, meint Lisa.
Zum Abschluss zeigt sie noch die erste Übung für Eiskunstläufer, das sogenannte „Ballonfahren“. Dabei gleiten die Füße erst auseinander und dann wieder zusammen. „So lernt man auf der inneren und der äußeren Kufe zu fahren“, sagt Lisa. Auch diese Aufgabe geht ohne Sturz und blaue Flecken über die Bühne. Tatsächlich schaffe ich es jetzt ohne Hilfe eine Runde zu drehen. Und in diesem Moment ist es da: Das Rudi Cerne-Feeling. Klar, alle paar Sekunden überholen mich ein paar vierjährige Sportskanonen. Dennoch bin ich mächtig stolz auf mich: Das Hexenwerk Eislauf ist vollbracht.