Gedenken an Liu Xiaobo in Berlin

Kempener Pfarrer und Berufskolleg-Schüler waren die Organisatoren.

Foto: Ev. Kirche Krefeld-Viersen

Berlin/Kempen. „Wachet und Betet! Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind!“ — unter dieser Überschrift stand der Gedenkgottesdienst am vergangenen Freitag für den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, der vor einem Jahr in chinesischer Haft an Krebs starb. Pfarrer Roland Kühne und Schüler des Kempener Berufskollegs hatten ihn in Zusammenarbeit mit Tienchi Martin-Liao, Präsidentin des unabhängigen chinesischen PEN-Zentrums, und Liao Yiwu, Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, organisiert.

Der Gottesdienst fand in der Gethsemanekirche Prenzlauer Berg Nord statt, die Oppositionellen in der DDR Zuflucht gewährt hatte und ein Zentrum des Widerstands war. Geplant war der Gottesdienst auch als Appell für die Freiheit von Liu Xiaobos Witwe Liu Xia, die zu der Zeit noch unter Hausarrest in China stand. Sie wurde vor einer Woche freigelassen und befindet sich nun in Deutschland. So wurde der Gedenkgottesdienst gleichzeitig zum Dankgottesdienst.

Viele nahmen daran teil: der frühere Bundespräsident Joachim Gauck, der Berliner Propst Christian Stäblein, Hieh Jhy-Wey, Taiwans Vertreter in Berlin, Freunde von Liu Xiaobo und seine Witwe Frau Liu Xia.

Roland Kühne leitete den Gottesdienst, bei dem viele Prominente mitmachten. Wie Wolf Biermann, der unermüdlich im Einsatz für die Freilassung des Ehepaares war. Er sang zwei Lieder. Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller las Gedichte von Liu Xia, die sie aus dem Englischen übersetzt hat. Tief bewegend war auch das Stück, „Liu Xiaobos letzte Stunde“, das Liao Yiwu, langjähriger Freund des verstorbenen und seiner Frau, auf einer chinesischen Langflöte und Fabian Lukas Rothschild auf der Geige spielten. Es vertont den Bericht der Witwe über die letzte Stunde ihres Mannes.

Liu Xiaobo dürfe nicht vergessen werden, mahnte Pulitzer-Preisträger Ian Johnson, langjähriger China-Korrespondent. Herbert Wiesner, früherer Generalsekretär des PEN-Zentrums Deutschland, betonte im Hinblick auf die Freilassung von Liu Xia: „Dieses Mal haben wir Glück gehabt, aber vielleicht treffen wir uns demnächst hier wieder zu einem Bittgottesdienst für den Bruder.“ Isabel Schrodka aus Straelen, ehemalige Schülerin des Berufskollegs, sang mit „Donna, Donna“ das Lied, das Liao Yiwu in einem Telefonat Liu Xiaobos Witwe vor einigen Monaten vorgespielt hatte.

„Der Himmel geht über allen auf“ wurde als Schlusslied gesungen. Als der Gottesdienst geplant wurde, wussten alle, Liu Xia ist unter uns, ganz weit weg, erklärte Pfarrer Roland Kühne, „aber jetzt unter dem Himmel von Berlin.“ Red