Museumspädagogik in Grefrath Alte Berufe im Niederrheinischen Freilichtmuseum entdecken
Grefrath · Wie arbeiteten Zimmermann, Weber oder Imker früher? Das zeigt das Freilichtmuseum in Grefrath.
(tre) „Wenn ihr die Balken tragt, immer vorsichtig und nicht wild mit den Balken auf der Schulter wenden und dem nächsten gegen den Kopf hauen“, sagt Jochen Scheel. Der Mitarbeiter des Niederrheinischen Freilichtmuseums in Grefrath zeigt, was er meint – und die Sechstklässler der Anne-Frank-Gesamtschule, die vor Scheel und seinem Kollegen Sebastian Ilberg stehen, kichern. Dann werden alle wieder ernst und hören aufmerksam zu – schließlich geht es darum, im Team ein Fachwerkhaus zu errichten. Scheel zeigt die Markierungen der Balken, die Buchstaben und Zahlen tragen und dementsprechend sortiert werden müssen, bevor es an den Aufbau geht. „Die langen Balken immer zu zweit tragen“, rät er, dann ist es so weit. Alle scharen sich um Tom, der den Bauplan erhalten hat. Eine kurze Besprechung, der Aufbau beginnt.
Aber nicht nur hier lernen die insgesamt knapp 150 Gesamtschüler der Stufe sechs, was es mit dem Handwerk in früheren Jahren ohne die heutige Technisierung auf sich hat. Weitere Schülergruppen beschäftigen sich mit der Flachsverarbeitung, dem Weben und dem Imkern. Das Ganze ist in der Viersener Gesamtschule in die Berufsorientierung integriert. Unter dem Titel „Einblicke zu Berufen und ins Berufsleben in früheren Zeiten“ hat das Museum für die Gesamtschule ein Konzept entwickelt, „das wir bereits zum zweiten Mal nutzen und damit fest in unserer Schulprogramm der sechste Klassen integriert haben“, berichtet Markus Klinkhamels, Studien- und Berufskoordinator an der Gesamtschule.
„Wir bieten das Konzept natürlich auch jeder anderen Schule nach Absprache an“, sagt Museumspädagoge Kevin Gröwig, der den Part der Imkerei übernommen hat und gerade mit einem selbstgebautem Stachelgiftblasenmodell aus Luftballon und Silikonstubenspitze das Prinzip des Stechens erläutert, bevor es ans eigentliche Imkern geht, das schon über Jahrtausende praktiziert wird.
In der Miertz-Kate hat Silke Heks derweil am 200 Jahre alten Webstuhl Platz genommen. Die durch Ösen gezogen Längsfäden sind aufgespannt, wobei die Fäden mit Holzleisten verbunden sind, die wiederum einen Anschluss an Holztritte haben, die Heks mit den Füßen bedient. Mit jedem Tritt geht ein Teil der Längsfäden nach oben und nach unten. Damit öffnet sich vor Heks ein Dreieck aus Längsfäden, durch das sie das Schiffchen zieht. „Mit dem Schiffchen ziehe ich den Querfaden durch, den ich dann mit einem Holz antrete“, erläutert sie.
Dass man zwei Stunden für ein rund ein Meter langes Stück benötigt, macht den Schülern klar, wie wertvoll und teuer Stoff einst war und warum die Menschen nicht viele Bekleidungsstücke hatten – und dass sie deshalb sorgsam mit dem umgingen, was sie besaßen.
In der Hofanlage Hagen sind weitere Schüler mit den Vorarbeiten für das Weben beschäftigt. Alles dreht sich um die Flachsverarbeitung. Aus der Pflanzenfaser wird Leinengarn. Wie das geht, erklären Doris Fischer und Anita Grafen, wobei die Schüler mit anpacken dürfen. „Wie aufwendig das alles einst war“, sagt Jana-Sophie, die mit der Flachsbreche hantiert, während Jan-Luca bereits mit dem sogenannten Hecheln beschäftigt, bei dem die Faser gekämmt wird. Am Bauplatz des Fachwerkhauses steht inzwischen das Haus – und nicht nur Daria ist der Meinung, dass das „voll cool“ war.
Info Das museumspädagogische Angebot zum Kennenlernen historischer Berufe können Schulen buchen. Ansprechpartner ist Kevin Gröwig, Telefon 02158/91730.