Gutenberg-Druck unter Luthers Augen
Im Freilichtmuseum lernen Kinder ganz praktisch, wie eine Erfindung die Welt veränderte.
Grefrath. Zu Zeiten Johannes Gutenbergs gab es noch keine Plastiktischdecken und keine Einmalhandschuhe. Hunderte Jahre später sieht das zum Glück anders aus, sonst wäre die Veranstaltung am Donnerstagvormittag im Eingangsgebäude des Niederrheinischen Freilichtmuseum möglicherweise eine recht schmutzige Angelegenheit geworden. Denn dort konnten sich sechs Jungen und Mädchen — mit einem Topf schwarzer Farbe — am Buchdruck wie annodazumal versuchen. Als Erfinder dieser die Welt verändernden Technik gilt bekanntlich Gutenberg.
Welche Rolle spielte der Buchdruck für die Reformation Martin Luthers? Wie funktioniert das Druckverfahren mit den beweglichen Lettern genau? Im Lutherjahr 2017 widmet das Museum sein Ferienprogramm ganz dieser bahnbrechenden Erfindung und dessen Auswirkungen.
Matthias (11) über eine alte Vervielfältigungsform
Zunächst informierte Museums-Volontärin Dominique Walraevens die Teilnehmer — neben den Kindern waren auch Eltern und Großeltern gekommen — über Kommunikationsmittel und Überlieferungsformen vor „Word“ und Laserdrucker. Aber eben auch vor Gutenberg. Beispiele waren die „Flüsterpost“ oder das Abschreiben, das banal klingen mag, jedoch durch mittelalterliche Mönche zu einer Kunstform erhoben wurde.
Unter den Augen eines Playmobil-Luthers gingen die Sechs- bis Zwölfjährigen dann mit der schwarzen Farbe ans Werk. Walraevens hatte in einem bekannten Online-Auktionshaus 400 „gemischte Buchstaben“ in verschiedenen Größen und Schrifttypen bestellt. Diese kleinen Lettern hatte sie dann in schmale Rahmen gesteckt.
Mit quietschenden kleinen Rollen brachten die jungen Gutenbergs die schwarze Farbe auf die Buchstaben. Küchenrollen-Abschnitte dienten aufgrund der guten Saugfähigkeit als Papier. Zwei Sätze gab es: „Gutenberg erfand den Buchdruck“ und „Martin, seine Thesen und die Reformation 1517“.
Heinz Moser, der mit seinem Enkel Enrico aus dem Kreis Kleve gekommen war, zeigte sich begeistert: „Ich arbeite selbst im Offset-Druck“, sagte er. „Das Ganze wird hier spannend und kindgerecht erläutert.“ Jenna (12) aus Nettetal, in Begleitung ihrer Oma in Grefrath, sagte, sie habe in den zwei Stunden viel Neues erfahren. „Besonders gut hat mir das Abschreiben gefallen“, lautete das Fazit des elfjährigen Matthias aus Grefrath.
Ganz im Sinne Gutenbergs erwiesen sich die Kinder zum Schluss als sehr erfinderisch: Sie drehten ihre kurzen Bleistifte um, tunkten den Radiergummi in die Farbe und „punkteten“ ihre Namen auf die Küchenrolle.