Herzlich willkommen in Kempen

Der multi-kulturelle Arbeitskreis hat Flüchtlinge zum Kaffee eingeladen. Die Helfer unterstützen bei Behördengängen.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Seit 18 Monaten lebt Nazih Farid (56) in Deutschland. Aus Ägypten kam er nach Tönisberg, ist dort in einem Flüchtlingsheim untergebracht. Zum Zeitvertreib fährt er oft Fahrrad und lernt — dennoch sind die Tage lang. Sein Asylantrag ist in der Schwebe. Einen Job ausüben darf er folglich nicht. „In Ägypten war er ein Ingenieur“, erzählt sein Bekannter Samy El Sayed Shabaan (27). „Jetzt repariert er alles, was ihm zwischen die Finger kommt.“ Beide nehmen Deutsch-Unterricht. Um in der neuen Heimat anzukommen, ist ihnen aber vor allem eines wichtig: Kontakte zu knüpfen.

Flüchtlingen wie Nazih und Samy bietet der offene Arbeitskreis „Multikulturelles Forum“ die Gelegenheit, mit Bürgern in Kontakt zu treten. Jetzt folgten rund 60 Personen der Einladung ins Haus für Familien (Campus). Mit Ausnahme eines Kurzauftritts einer brasilianischen „Capoeira“-Tanzgruppe aus Mönchengladbach gab es kein festes Programm. Stattdessen ging es bei einer rheinischen Kaffeetafel ausschließlich um den Austausch. „Drei bis viermal jährlich findet so etwas statt“, erklärte Alice Poeira (56) vom Arbeitskreis.

Vor dem Hintergrund jüngster Zahlen erfahren Treffen wie diese eine ganz neue Bedeutung: Rund 100 Menschen waren es zu Jahresbeginn, die in Kempen Zuflucht suchten — mittlerweile sind es mehr als 140. Poeira: „Wir wollen sie in der Gemeinde willkommen heißen.“

Die Gäste der Kaffeetafel kamen aus dem Irak, Portugal, Armenien und dem Kosovo. Schnell wurde über Herkunftsländer und erste Erfahrungen in Deutschland diskutiert. Die Sprachbarriere machte die Kommunikation allerdings schwierig.

„Der Austausch war manchmal etwas mager — auch weil sich die Teilnehmer schnell auf mehrere Räume verteilt haben“, sagte Stefan Heidler (44), der mit Frau und Kindern gekommen war. Zugleich lobte er das Konzept der Veranstaltung, die für Asylbewerber eine Abwechslung darstelle.

„Der Zeitvertreib ist für sie in den Heimen ein großes Problem“, weiß auch Alice Poeira. Die Unterkünfte in Kempen, Voesch und Tönisberg seien zwar in einer „vergleichsweise annehmbaren Verfassung“, dennoch gebe es viel Verbesserungspotenzial.

Mit dem Forum möchte sich Poeira nun verstärkt für Projekte zur Sprachförderung einsetzen. Des Weiteren übermittelt sie Patenschaften, bei der Bürger einer Flüchtlingsfamilie ehrenamtlich mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Dabei handelt es sich zum Beispiel um Schulangelegenheiten oder Behördenbriefe — Alltagsprobleme, die die Flüchtlinge alleine nur schwer bewältigen können“, sagt Poeira.

Michael Stoffels (72) vom Arbeitskreis Asyl- und Menschenrechte begrüßt Vorstöße wie die des SV Thomasstadt, der kürzlich erklärt hatte, Sportangebote für Flüchtlinge schaffen zu wollen. „Das ist besonders für die jungen Leute interessant“, so Stoffels. „Der Sport ist ein guter und richtiger Weg, um sie in die Gesellschaft zu integrieren.“