Denkmalpflege in Tönisberg Der Kampf gegen den Zahn der Zeit
Tönisberg · An der Bockwindmühle in Tönisberg wurden im Zuge der Sanierung die Flügel abgenommen. Sie werden bis zur Erneuerung eingelagert.
Dem Betrachter bot sich bei klirrender Kälte ein imposantes Bild: Zwei Kräne waren nötig, um einmal mit Sicherheitsbändern den oberen Ansatz der Flügel der Bockwindmühle zu sichern. Und zum zweiten, um mit dem Korb auf Mitte der Mühle die Holzbolzen zu lösen, die die vier Flügel zusammenhielten. „Wir stellen die Flügel senkrecht, nehmen den unteren Teil ab und nehmen den Hauptstamm mit dem oberen Flügel dann raus. Ohne Kran machen Sie da nix“, erläuterte Stefan Wolter, Zimmermeister und Prokurist des Tönisberger Unternehmens Klinkenberg, den Ablauf des Verfahrens. „Der Kran hat, wenn er das nach oben rauszieht, eine Höhe von 30 Metern.“ Was mit den Flügeln nach deren Demontage genau geschieht? „Wir legen die hier auf den Hänger, fahren die dann nach Kempen. Sie werden dann bei de Beukelaer auf dem Gelände eingelagert.“
Langsam schwebte einer der Lärchenholz-Flügel gen Erdboden. „Das sind mit Flügel und Brustholz schon 800 Kilo“, veranschaulichte Martin Klinkenberg, Chef der gleichnamigen Tönisberger Firma, die Dimension des Vorgangs. Nur über dieses Vorgehen bleibe die Mühle intakt, entstehe dort kein Ungleichgewicht. „Da muss man mit Gefühl rangehen.“ Die Herausforderung sei, „dass man die Mühle kennen muss, wie die Funktion ist. Da sie natürlich lange gestanden hat, weiß man nicht, wie intakt gerade das Holz ist. Das ist auch keine alltägliche Arbeit.“
Für ihn persönlich sei die Demontage der Flügel schon etwas Besonderes, „als jemand, der hier im Ort wohnt und aufgewachsen ist“, gestand Klinkenberg. „Die Mühle ist ein Wahrzeichen des Ortes. Jeder sieht sie von überall.“ Und früher habe er oft dort gespielt, gestand er lächelnd. „Ich bin oft genug oben drin gewesen, habe alle Mühlenfeste besucht.“
Die Demontage hat dem Mühlenkörper Last genommen
Mit der Demontage der Flügel habe man schon ein Teil der Last von den Mühlenkörper genommen, machte Christiana Dahmen von der Stadt Kempen, zuständig für die Instandhaltung unter anderem der Mühlen, deutlich. Das große Sorgenkind sei der Holzbock der Windmühle, der nach einer Standzeit von gut 50 Jahren inzwischen in die Jahre gekommen ist. Die Verwendung von Holz und die Ausführung von Holzverbindungen in direkter Bewitterung führten zu dessen Schwächung. „Der Bock ist total marode. Und wir haben Schädlingsbefall im Hammerbalken, der sich durchgefressen und Hohlräume gebildet hat.“ Regelmäßige Untersuchungen mit den Resistographen ließen erkennen, bei welcher Bohrtiefe das Holz welche Dichte aufweist. Daraus lassen sich Aussagen über eine geschädigte Holzstruktur treffen und die entsprechenden Hohlräume feststellen. Holzbock und Hammer sollen dementsprechend erneuert werden.
Eine Schieflage und der Wind machen der Mühle zu schaffen
Schon vor 25 Jahren wurde eine Schieflage von zehn bis 15 Zentimeter festgestellt, weil sich neben den Flügeln auch weitere Bauteile der Mühlentechnik auf einer Seite befinden. Durch eine Sicherung konnte zumindest vorläufig verhindert werden, dass sich diese Neigung weiter verstärkt. Zur Sicherung wurden die Kreuzstreben und die Verbindungspunkte der Standfinken zu den Kreuzwellen zwischenzeitlich mit Eisenbändern stabilisiert, um der Verschiebung entgegen zu wirken. Und da der Bock der Mühle nicht mehr voll tragfähig ist, wurde eine zusätzliche Abstützung unter den Mühlenkasten montiert. „Durch die aktuelle Ausrichtung des Mühlenkastens ist die stark dem Wind ausgesetzt, wodurch eine zusätzliche Last auf den Mühlenkasten einwirkt“, so Dahmen.Künftig soll dieser Kasten so gedreht werden, dass dieser nur noch mit einer Ecke in Wund steht. Und in einem weiteren Bauabschnitt soll die Außentreppe mit dem Stert – dem langen Balken zum Drehen der Flügel – und das Eingangspodest erneuert werden. In Zukunft soll der Bock auch durch Abdeckungen, sogenannte Opferbretter, vor der Witterung geschützt werden.
Die Ausschreibung für die Sanierung soll bald erfolgen
Die Ausschreibung für die kommenden Baumaßnahmen sollen erfolgen, sobald der LVR dafür die Freigabe erteilt hat, sagte Dahmen. „Geplant ist das für die erste Jahreshälfte“, sagte Christiana Dahmen. Dann sollen dafür geeignete Mühlenbauer ihr Angebot abgeben. „Die müssen sich aber schon mit sowas auskennen.“