Stadt sucht ein Konzept Das Kempener Wohnungs-Dilemma
Kempen · Es mangelt weiter an günstigem Wohnraum. Ein politischer Beschluss soll das jetzt schnell ändern.
Günstiger Wohnraum ist in Kempen Mangelware. Während die Preise für Eigentums- und Mietwohnungen in Innenstadtnähe sowie für Einfamilienhäuser im Stadtgebiet durch die Decke gehen, diskutieren Politik und Verwaltung schon seit Jahren darüber, wie und wo bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Partiell gibt es Projekte in der Umsetzung: GWG-Bau am Heyerdrink oder ein Mehrfamilienhaus im dritten Bauabschnitt „An der Kreuzkapelle“. Dass die Stadt Kempen bei der Problemlösung aber immer noch am Anfang steht, wurde in der jüngsten Ratssitzung erneut deutlich. Alle Fraktionen und die Verwaltungsspitze bekennen sich dazu, etwas umsetzen zu wollen. Nur Lösungen liegen nicht auf dem Tisch, obwohl das Problem lange bekannt ist.
Zustande kam die jüngste politische Debatte deshalb, weil die Stadt akut Wohnraum für Flüchtlinge schaffen muss. Das soll nun in einem Neubau auf dem bestehenden Gelände in Voesch geschehen. Die laut Verwaltung „abgängige“ Unterkunft soll zu diesem Zweck abgerissen werden. Gegen die Stimmen von SPD und FDP bekam die Verwaltung diesen Beschluss durch. Alle Fraktionen sind sich aber einig, dass dieser Standort eigentlich nicht geeignet ist, weil er fernab von St. Hubert und Kempen liegt. „Die Menschen gehören in die Mitte der Gesellschaft und nicht an den Rand“, sagte Irene Wistuba (FDP). Integration könne dort nicht gelingen.
Klee: Es geht um die
Vermeidung von Obdachlosigkeit
Sozialdezernent Michael Klee verwies darauf, dass es darum gehe, Obdachlosigkeit zu vermeiden. „Wir haben zeitlichen Druck. Wir müssen handeln“, so Klee. Derzeit gebe es vereinzelt sogar die Situation, dass zwei Menschen auf elf Quadratmetern wohnen müssen. Unterstützung erhielt die Verwaltung von Wilfried Bogedain (CDU). Es müsse akut gehandelt werden. Allerdings sollte die neue Einrichtung für die Schutzberechtigten nur eine kurze Station sein. Langfristiger Wohnraum müsse an anderer Stelle geschaffen werden.
Das führte in der Ratssitzung zu einem zweiten Beschluss, der auf Antrag der Grünen zustande kam: „Die Verwaltung wird beauftragt, für einkommensknappe Menschen Wohnbauflächen auf dem stadteigenen Grundbesitz im Stadtgebiet von Kempen für die Errichtung von Wohnraum im Rahmen eines öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu nutzen und unverzüglich umzusetzen, um den akuten Wohnraumbedarf zu decken.“ Dieser Beschluss wurde einstimmig gefasst.
Beschluss geht über
ein Bekenntnis hinaus
Und dieser Beschluss bedeutet tatsächlich, dass sich die Verwaltung beim Thema Wohnraum auf den Weg machen muss. „Warum haben wir nicht endlich mal den Arsch in der Hose und beschließen etwas Konkretes“, warb SPD-Fraktionschef Andreas Gareißen für den Vorstoß der Grünen. Bislang habe es seitens der Verwaltung nur „irgendwelche Bekenntnisse“ gegeben. „Wir müssen jetzt handeln, Herr Bürgermeister“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Joachim Straeten in Richtung Volker Rübo (CDU).
Dieser reagierte auf diese Aufforderung in seinen Worten „aufgeschlossen“. Rübo verwies aber wie schon so oft darauf, dass es in Kempen vor allem an geeigneten Grundstücken für den Geschosswohnungsbau mangele. Die von den Grünen ins Spiel gebrachten Areale an der Bahntrasse sowie im Industriegebiet (Kerkener Straße), die schon für ein neues Kreisarchiv in Betracht gekommen waren, seien eben für den Wohnungsbau nicht geeignet, so Rübo.
Nach vorn gerichtet stellte der Bürgermeister nur in Aussicht, kurzfristig im St. Huberter Baugebiet „Auf dem Zanger“ verstärkt in den Geschosswohnungsbau einzusteigen. Und langfristig müsse im „Kempener Westen“ bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Möglicherweise auch mit der Idee, dass die Stadt selbst als Bauherr tätig werde. Als Partner dürfte Rübo auch die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (GWG) des Kreises Viersen im Hinterkopf haben. Diese hatte bei der jüngsten Bilanz-Pressekonferenz erklärt, sich verstärkt in Kempen engagieren zu wollen (die WZ berichtete).