"Jugendliche werden oft stigmatisiert"
Jugend-Arbeitslosigkeit und -Arbeit standen im Mittelpunkt einer SPD- Veranstaltung. Deutliche Worte gab es dabei von Streetworkerin Marie-Luise Hellekamps.
<strong>Nettetal. Möglichkeiten und Grenzen der Jugendarbeit sowie die Jugendarbeitslosigkeit in der Seenstadt: Auf diese Themen konzentrierte sich eine Veranstaltung der SPD am Dienstagabend im Lobbericher Sportlerheim am Schulzenburgweg. Das Fazit von Moderator und Vize-Parteichef Hans Kettler nach dem interessanten Themenabend: "Wir haben viele Impulse für die weitere Arbeit bekommen." Aber: Es war auch eine Veranstaltung, die in zweieinhalb Stunden mehr Fragen aufwarf als beantwortete. So hatte Kettler gleich zu Beginn hingewiesen, die Themen "können nicht ausdiskutiert werden", vielmehr müsse an ihnen weiter gearbeitet werden. Unter den rund 40Besuchern waren nur ganz wenige Jugendliche.
"Wo sollen Jugendliche hingehen?", fragte Nettetals einzige Streetworkerin Marie-Luise Hellekamps. Und gab auch gleich die Antwort: Nicht organisierte "Jugendliche gehen dahin, wo was los ist." Und: "Jugendliche suchen sich ihre Räume selbst aus." Das ist der öffentliche Raum, sprich die Straße, der Platz. Konflikte mit Erwachsenen wie am Schaager Kreuzgarten könnten da nicht ausbleiben.
"Jugendliche werden oft stigmatisiert", so Hellekamps. Ihnen würde von vornherein unterstellt, "sie saufen, machen Randale, nehmen Drogen etc.". Überraschung im Publikum dann bei der nächsten Hellekamps-Aussage. Die Sozialarbeiterin hat bei der Jugend einen ausgesprochenen "Hang zur Gruppenbildung" konstatiert. Eindrücklich erklärte sie: "Jugendliche schreien geradezu nach Strukturen, Vorgaben und Grenzen."
Aber die "klassische Aufgabe der Familie" (Kettler) würde vielfach nicht mehr geleistet, so Hellekamps: "Die Verantwortung der Familie können wir nicht übernehmen." Kettler fragte, ob Jugendliche, die nicht betreut sein wollen, mit Jugendarbeit versorgt werden müssten. Die Straßen-Sozialarbeiterin: "Ich erreiche Jugendliche, die nirgendwo sonst mehr betreut werden- der Streetworker ist da, wo sonst gar nichts mehr geht."
Susanne Hermes von der Jugendberufshilfe beim Kreis-Jugendamt eröffnete nach einer guten Stunde den zweiten großen Themenblock: Jugendarbeitslosigkeit in Nettetal. Sie unterstrich, frühzeitig müsse bei der Berufsfindung geholfen werden. An der Schnittstelle Schule/Beruf gebe es gute Angebote. Bei ihrer Arbeit gelte es, "individuell für jeden Jugendlichen herausfinden, welches Angebot für ihn passgenau ist". Ein Hermes-Ziel: Mehr Betriebe "auf sensiblem Weg" für die Ausbildung Jugendlicher zu gewinnen.
Ulrike Dahms (Kreis-Sportbund) stellte ihr Projekt "Gut drauf" vor, eine Initiative der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, bei der es um Bewegung, Entspannung und Ernährung geht. Sie bestätigte Hellekamps: "Gemeinsames Essen in der Familie gibt es heute sehr oft nicht mehr."
Jugendamt "Solange wir kein eigenes, städtisches Jugendamt haben, sind die Möglichkeiten stark begrenzt", so Armin Schönfelder, seit zwei Monaten 1.Beigeordneter, die städtischen Befugnisse bei der Jugendarbeit.
Ausbildungsplätze Kritik gab es zu Schönfelders Bekenntnis, die Stadt bilde nur so viele Menschen aus, wie sie später auch sicher übernehmen könne. Im gehobenen Dienst sind das drei bis vier Azubis pro Jahr. SPD-Fraktionschef Bernhard Müller-Wirtz forderte Ausbildungs-Möglichkeiten im Grünflächenamt und für andere Handwerker im Bauhof.