Karl-Heinz Hermans wird 95 Jahre alt Bäckermeister, Bürgermeister, Karnevalsprinz

Kempen · Karl-Heinz Hermans blickt auf ein Leben voller Arbeit und Engagement zurück. Der beliebte Ehrenbürger wird 95.

Karl-Heinz Hermans ist im Mai ins Seniorenheim Von-Broichhausen-Stift umgezogen. Dort fühlt er sich wohl und hat schon Kontakte geknüpft.

Foto: Norbert Prümen

Am Anfang stand ein kleiner Schrecken. Die altbekannte, eingängige Telefonnummer von Kempens Altbürgermeister Karl-Heinz Hermans sei ungültig, wurde dem Anrufer mitgeteilt. Schnell folgte die Auflösung: Im Mai ist der Ehrenbürger der Stadt Kempen umgezogen ins Seniorenheim Von-Broichhausen-Stift am Heyerdrink. Der erste Umzug nach 94 Jahren, denn bis dato lebte er in seinem Geburts- und Elternhaus auf der Ellenstraße.

Anlass des Besuchs ist sein bevorstehender 95. Geburtstag am Samstag, 7. September. Karl-Heinz Hermans empfängt in seinem großzügigen Einzelzimmer in Haus Thomas, freundlich und aufmerksam, so wie man ihn kennt. „Das ist mein ganzes Leben“, sagt er zur Begrüßung und verweist auf die zahlreichen Erinnerungen, die bereits sein Wohnzimmer auf der Ellenstraße schmückten.

Es ist Kempen pur: ein großes Schwarz-Weiß-Foto der Burg. Daneben die hölzernen Spekulatiusmodeln. Es folgt die Ehrenbürgerurkunde und das Gedicht „Min Kempe“ von Wilhelm Grobben. Und dann die Fotos der Familie. Von seiner im Frühjahr 2023 im Alter von 89 Jahren verstorbenen Frau Resi. Von den Kindern Stefanie und Heiner und den Enkelkindern Johannes, Anne und Marc. Eine Abteilung ist seinem Herzensthema St. Martin gewidmet. Eine andere Ecke trägt Erinnerungen an den Kempener Karneval.

Geboren wurde Karl-Heinz Hermans am 7. September 1929 im Eckzimmer über der väterlichen Bäckerei an der Ellenstraße 8 in Kempen. Nachdem er 1954 die Meisterprüfung abgelegt hatte, übernahm er 1958 gemeinsam mit seiner Frau Resi den Betrieb, bereits in der dritten Generation in der Familie. Er wurde ehrenamtlicher Lehrlingswart der Bäckerinnung und später auch Kreislehrlingswart. Ab 1979 war er Mitglied im Kempener Stadtrat für die CDU, von 1989 bis 1999 ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Kempen. Von 1999 bis 2009 engagierte er sich als Vize-Bürgermeister. Im September 2009 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Kempen verliehen.

Der Umzug zum Heyerdrink habe sich so ergeben, erzählt Karl-Heinz Hermans. Nach dem Tod seiner Frau sei er erst noch zu Hause geblieben. Doch er sei in seiner Mobilität stark eingeschränkt, der Rollator ist sein ständiger Begleiter. Auch die Sehkraft habe nachgelassen. „Ich musste eine Versorgungsstelle finden“, sagt er realistisch. Schon seit einiger Zeit stand er auf der Warteliste für ein Zimmer im Von-Broichhausen-Stift. Als dann der Anruf kam, dass ein Zimmer frei sei, machte er gleich Nägel mit Köpfen. „Das Von-Broichhausen-Stift stand für mich an erster Stelle“, sagt er. „Hier habe ich als Bäcker die Brötchen ausgeliefert. Als Bürgermeister habe ich hier viele Veranstaltungen besucht und Mundartgedichte vorgetragen.“ Außerdem wohne sein Sohn gleich gegenüber.

Insofern war es ein Wechsel auf vertrautes Terrain. Karl-Heinz Hermans hat sich schnell und gut eingelebt. Es gehe ihm sehr gut, bekundet er auf Nachfrage. „Hier sind so viele gute Geister unterwegs, dass ich mich bestens versorgt und aufgehoben fühle“, sagt er dankbar. Außerdem seien die Kinder froh, dass sie den Vater gut versorgt wissen. „Das alles gibt mir Sicherheit“, sagt er.

Karl-Heinz Hermans initiierte auch das Stadtmodell auf dem Buttermarkt (Archivbild).

Foto: Wolfgang Kaiser

Kempener nimmt aktiv
am Leben im Haus teil

Aktiv nimmt er am gesellschaftlichen Leben im Haus teil, nimmt soziale Angebote wahr. Wie es seine Art ist, hat er sofort Kontakte geschlossen. Das Haus sei äußerlich in die Jahre gekommen, bekundet er. Tatsächlich ist ein Neubau am Schmeddersweg geplant. Doch der Altbau mit seinen vielen kleinen und größeren Räumlichkeiten habe auch seinen Charme, findet er. „Hier kann man sich gut mit anderen Bewohnern treffen, sei es drinnen oder draußen.“ Er ist ein Mensch der Kommunikation. Da gibt es schon einen Kreis von Mitbewohnern, mit denen er Erinnerungen austauscht. Sei es aus der Schulzeit, über „schlimme Geschichten“ aus der Kriegs- und Nachkriegszeit oder über „nette Dönekes aus der Jugendzeit, als es mit uns und der Republik aufwärts ging“. Sein Gedächtnis ist weiterhin großartig.

Er ist ein wandelndes Kempener Geschichtsbuch. Interessiert verfolgt er das kommunale Geschehen. Die Lektüre der Tageszeitung bestimmt weiterhin den Start in den Tag. Doch sein Blick geht weiter. Am letzten Sonntag habe er bis spätabends vor dem Fernseher gesessen und „mit Erschrecken“ die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen verfolgt. „Das ist mir nicht gleichgültig“, sagt er. „Ich erinnere mich an Erzählungen meiner Eltern, wie 1933 die Dinge angefangen haben.“ Und zu welch schlimmem Ende sie geführt hätten. Auf die Frage, ob er zu aktuellen Entwicklungen in Kempen etwas sagen wolle, bekundet er „nicht den Stab brechen“ zu wollen: „Aber es hat sich vieles verändert, nicht nur in der Kommunalpolitik – überall.“

Seinen 95. Geburtstag wird er im kleinen Familien- und Freundeskreis feiern. Er freue sich schon sehr auf sein erstes Urenkelkind, verrät er. Und darauf, dass seine in Viersen lebende Schwester demnächst ihren 100. Geburtstag feiere.