Kempen Kommunen fürchten Umsatzsteuer
Ab 2017 gilt auch für Städte und Gemeinden eine Steuerpflicht. Die Kämmerer in den Rathäusern bereiten sich auf die neue Regelung vor.
Kreis Viersen. Ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) von 2012 beschert den Kämmerern in den Kommunen mehr Arbeit. Ab dem 1. Januar 2017 gilt für Städte und Gemeinden ein anderes Umsatzsteuerrecht. Oder besser gesagt: Es besteht in einigen Bereichen auch für Städte und Gemeinden eine Umsatzsteuerpflicht.
„Die neue Regelung gilt insbesondere dann, wenn eine Kommune mit privaten Anbietern im Wettbewerb steht“, sagt Kempens Kämmerer Jörg Geulmann. Aus seiner Sicht kann mit der neuen Regelung auch etwas auf Kempen zukommen. So steht die Stadt zum Beispiel mit ihren öffentlich geförderten Kulturprogramm in Konkurrenz zu privaten Anbietern. „Wenn eine Stadt etwas verkauft, könnte die neue Umsatzsteuerregelung greifen“, so Geulmann. Ein weiteres Beispiel wäre auch der Verkauf eines Dienstwagens.
Kempens Kämmerer spricht über die neue Vorschrift im Konjunktiv, weil noch keine Klarheit über die genaue Auslegung seitens der Finanzämter herrscht. „Bei diesem Thema gibt es viele Fragen, die wir noch klären müssen“, so Geulmann. Derzeit könne er noch keine Aussage zu konkreten Auswirkungen treffen. „Die Regelung ist aber bei allen Kommunen ein Thema. Im Moment vergeht keine Woche, in der ich keine Einladung zu einem Seminar bekomme, das sich mit der Umsatzsteuerpflicht befasst“, sagt der Kempener Kämmerer.
Bis die Kommunen letztlich Umsatzsteuer ans Finanzamt überweisen müssen, wird nach Angaben von Geulmann aber noch einige Zeit vergehen: „Die Regelung wird jetzt eingeführt, es gilt aber eine Übergangsfrist von vier Jahren.“
Auf diese verweist auch Grefraths Kämmerer Wolfgang Rive auf Anfrage der WZ: „Es gibt noch eine Übergangsfrist bis Ende 2020. Bis zum Ende des Jahres müssen wir mitteilen, ob wir diese wahrnehmen. Wir werden dies tun.“ Darüber habe er das zuständige Finanzamt in Kempen bereits informiert. „Es gibt so viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Das Finanzministerium will bis Ende des Jahres weitere, konkretere Angaben machen.“
Neben den möglichen Steuerzahlungen erwartet Rive auch Kosten innerhalb der Verwaltung zur Abwicklung der neuen Bestimmungen: „Wir müssten einen großen Aufwand betreiben, um uns buchhalterisch umzurüsten. Deshalb warten wir jetzt noch ab, bis die Kinderkrankheiten ausgeräumt sind“, so Rive, der voraussichtlich Ende 2018 in Ruhestand gehen wird.
Auch in Tönisvorst denkt man darüber nach, die Verlängerungs-Option zu ziehen. „Ich werde das dem Stadtrat vorschlagen“, bestätigt Kämmerin Nicole Waßen. Einerseits sei die Frist bis Jahresende kaum einzuhalten. Andererseits kenne man noch nicht alle Auswirkungen, die das neue Gesetz mit sich bringe. „Die Leistungen des Bauhofs könnten betroffen sein“, sagt Waßen. Und erklärt, warum es an manchen Stellen kompliziert werden kann. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Stadt für Leistungen etwa des Bauhofs kein Geld nehme, trotzdem aber Umsatzsteuer zahlen müsse.
Ein weiteres Feld für die Umsatzsteuerpflicht könnte die Vermögensverwaltung sein, nämlich bei Vermietung und Verpachtung. Generell mache es Sinn, jetzt die Verlängerungsoption zu ziehen. Waßen: „Wenn man dann eher als im Jahr 2020 umstellen will, kann man das tun.“
Auch dem Willicher Kämmerer sind die Verlängerungs-Möglichkeiten bekannt. Für die Stadt sei derzeit ein externer Wirtschaftsprüfer dabei, die beste Lösung zu ermitteln, sagt Willy Kerbusch. „Nach den Sommerferien werden Ergebnisse vorliegen.“ Man habe sich zu diesem Weg entschlossen, da die Folgen der Umsatzsteuerpflicht für die Stadt in vielen Details noch gar nicht abzusehen seien. „Klar ist nur: Das Ganze werden wir nicht verhindern können“, sagt Kerbusch. tkl/Lee/kor/WD