Wie spricht NRW? Sprachforscher untersuchen Umgangssprachen mit Sprach-App „Palava“
Kreis Viersen · Die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland wollen mehr wissen über die regionalen Umgangssprachen. Erste Ergebnisse liegen vor.
(biro) „Tschö“ oder „Tschüss“ – so verabschiedet man sich in Grefrath, Kempen oder Tönisvorst von Freundinnen und Freunden. In Willich kann es aber auch schon mal „Tschau“ oder „Tschöös“ heißen. Das ist in der Sprach-App „Palava“ zu sehen, die die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) vor einem Jahr starteten. Seitdem werden damit umfangreiche Forschungsdaten zur regionalen Umgangssprache in Nordrhein-Westfalen gesammelt.
Denn über die aktuellen Umgangssprachen in NRW ist bisher wenig bekannt, teilen die beiden Landschaftsverbände mit. Es fehlen umfangreiche Sprachdaten von Sprecherinnen und Sprechern. Die Umgangssprachen sind häufig durch alte Dialekte in den Regionen geprägt, und diese sind in NRW sehr unterschiedlich. Deshalb erwarten die Sprachforscher, dass auch die Umgangssprachen in NRW durch eine große Vielfalt gekennzeichnet sind.
Informationen dazu, wie wo gesprochen wird, sammeln sie durch die Sprach-App „Palava“. Die kann jeder kostenfrei aus den App-Stores aufs Smartphone runterladen und Fragen beantworten. Vorteil der App: Nutzerinnen und Nutzer sprechen das gesuchte Wort über die Sprachaufzeichnung des Smartphones selbst ein. So können die Forscher auch lautliche Unterschiede untersuchen, etwa notieren, wo man „Milch“ sagt und wo „Milsch“. Und wo heißt es überwiegend „dat“ und „wat“ statt „das“ und „was“?
An der ersten Fragerunde beteiligten sich über 11 000 Menschen, die über 380 000 Antworten in die App einsprachen. Die Daten werden nun in der LWL-Kommission für Mundart- und Namenforschung in Münster und im LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn ausgewertet. Wer mal gucken möchte, was dabei herausgekommen ist: Erste Ergebnisse in Form von Sprachkarten und Kartenkommentaren sind bereits in der App zu sehen.
Jetzt soll weiter palavert werden: „Wir sind begeistert über die große Bereitschaft, an unserem Forschungsprojekt mitzuwirken“, sagt LVR-Sprachwissenschaftlerin Charlotte Rein. „Doch es gibt noch viele weitere Sprachphänomene, die uns interessieren“, ergänzt ihr LWL-Kollege Timo Schürmann.
Deswegen sind jetzt 36 neue Fragen in der App zu finden. Wenn das Wetter also jetzt häufiger mal „usselig“ ist, kann man es sich auf dem Sofa bequem machen und ein bisschen in der „Palava“-App stöbern. Mit Blick auf den Start der Karnevalssession drehen sich auch einige Fragen rund um den Wortschatz der fünften Jahreszeit, so wird etwa nach dem Karnevalsruf gefragt. Bis Weihnachten wird zusätzlich alle zwei Wochen ein neuer Frageblock freigeschaltet, kündigen die Sprachforscher an.